Unsere Ausschüsse: OIG

Hallo Elke, vielen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast. Du bist Vorsitzende des relativ neuen Ausschusses OIG. Was bedeutet OIG und seit wann gibt es diesen Ausschuss? 

Im Jahr 2020 hat der Kreistag Kleve seine bisherigen Ausschüsse verändert und u.a. einen ganz neuen Ausschuss gebildet: Den Ausschuss für Organisation, Integration und Gleichstellung. Dieser Ausschuss soll erstmals im Kreis Kleve die Belange des Kreises vorberaten, die die Organisation der Kreisverwaltung, die Integration der im Kreis Kleve lebenden Asylsuchenden und Flüchtlingen sowie Fragen der Gleichstellung betreffen. 

Welche Inhalte werden in dem Ausschuss behandelt?

Mit der Namensgebung sind auch gleich die Inhalte festgelegt worden:

Zum einen die Organisation der Verwaltung und die Aufstellung allgemeiner Grundsätze, nach denen die Verwaltung geführt werden soll. Dies bedeutet, die übergeordneten Ziele und Grundsätze der Kreisverwaltung zu beraten und dem Kreistag eine Empfehlung auszusprechen, soweit nicht die Landrätin oder der Landrat oder andere Gremien des Kreises dafür zuständig sind. Hört sich trocken an und die Zuständigkeit ist auch nicht immer klar abgrenzbar!
Zum anderen das Thema Integration. Die Kommunalen Integrationszentren setzen ihre Arbeit innerhalb der Säulen „Integration durch Bildung“ und „Integration als Querschnittsaufgabe“ um. Daraus ergeben sich für den OIG die Aufgabe Bestands- und Bedarfsanalysen zu integrationsrelevanten Daten und Fakten des Kreises zu beurteilen, integrationspolitische Handlungskonzepte zu entwickeln, Netzwerkarbeit zu leisten und Bildungspartnerschaften zu unterstützen. Hier gibt es Nachholbedarf, weil der Kreistag Kleve erst im Jahr 2018 ein Kommunales Integrationszentrum beschlossen hat. Andere sind dagegen schon 2012 gestartet.

Die Gleichstellung ist auch in der Kreisordnung verankert: Die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frau und Mann ist auch eine Aufgabe der Kreise. Deshalb wirkt die jeweilige Gleichstellungsbeauftragte bei allen Maßnahmen des Kreises mit, die die Belange von Frauen berühren oder Auswirkungen auf die Gleichberechtigung haben. Bis 2020 ging es tatsächlich nahezu ausschließlich um das Personal der Kreisverwaltung, um den Frauenförderplan. Das ändert sich jetzt auch durch diesen Ausschuss. Er sieht in stärkerem Maße Gleichstellung als Querschnittsaufgabe für die Kreisaufgaben. Neu ist beispielsweise, dass im Kreis Kleve eine Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt die Bürgerinnen berät und dem Kreis ggf. Maßnahmen hinsichtlich SGB II vorschlagen. 

Wieso ist Dir dieser Ausschuss besonders wichtig?

Die drei Themen des Ausschusses OIG haben eines gemeinsam: Es geht darum, Dinge zu entwickeln, die keine klassische administrative Aufgabe für eine Kreisverwaltung darstellen. Es soll sich bestenfalls eine Art Change Management-Bereitschaft innerhalb der Kreisverwaltung zu den drei Themen ergeben. Das ist eine sehr schwierige Angelegenheit, denn Organisationen verfügen oftmals über sehr starre Strukturen. Ob es dann an einer Arbeitsüberforderung, an Ängsten vor Veränderung oder starren Rollenstereotypen liegt, ist eine spannende Frage. In unserer politischen Arbeit sind uns diese politisch konkurrierenden Interessen geläufig, aber oftmals liegt das Problem woanders. 

Mir liegt am Herzen, dass der Ausschuss die Erkenntnisse über moderne Gesellschaften bei seinen Beratungen zugrunde legt. Wir denken alle mit Vorurteilen. Da unterscheiden sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung ebenso wie die Politikerinnen und Politiker nicht von den anderen Bürgerinnen und Bürgern. Aber strukturelle Benachteiligungen müssen vermieden werden, dazu verpflichtet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Es gilt also, sich z.B. der Rollenstereotypen bewusst zu werden und möglichst Benachteiligungen zu vermeiden. Wir beraten demnach eher keine klassischen Verwaltungsthemen. 

Es wurde beispielsweise  das Kreisprogramm „Ein-Eltern-Familien-unterstützen“ (EFUS), das der AWO übertragen wurde, im Ausschuss beraten. In dem Programm steht eine hohe Fördersumme zur Verfügung, um Alleinerziehende durch Beratung und auch finanzielle Einzelfallzahlungen zu unterstützen. Wünschenswert ist, dass von den Mitteln tatsächlich möglichst viel bei den Ein-Eltern-Familien ankommt. 

Welche Aufträge siehst Du insbesondere für unsere Grünen Fraktion in diesem Ausschuss?

Wir Grüne wollen eine möglichst diskriminierungsfreie Gesellschaft. Gender, LGBTIQ, Ethnie, Alter, soziale Herkunft, Behinderungen… da kennen wir doch die Probleme.

Wir möchten den Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in NRW auf den Kreis Kleve ‘runterbrechen. Unseren Haushaltsantrag dazu haben wir im Kreistag auf der Tagesordnung. Basierend auf Daten der Statistischen Landesämter und des Statistischen Bundesamtes bietet der digitale Gleichstellungsatlas die Möglichkeit, sich einen umfassenden Überblick über die regionalen Fortschritte bei der Umsetzung gleichstellungspolitischer Ziele und Rahmenbedingungen im Kreis Kleve zu verschaffen. Es gibt große regionale Unterschiede in NRW. Wir wollen uns von den Fachleuten erläutern lassen, wo der Kreis Kleve steht – wie es um die Partizipation von Frauen in den politischen Gremien und Spitzenämtern des Kreises bestellt ist, welche Qualifikationen die Frauen im Kreisgebiet erreichen, wie sich die Erwerbsbeteiligung darstellt und wie die Lebenssituation von Frauen ist. Beispielsweise zählt der Kreis Kleve zu den 10 Kreisen/Städten mit den höchsten Indexwerten zur Opfergefährdung durch Partnerschaftsgewalt.

Dem Demografiekonzept des Kreises Kleve war u.a. zu entnehmen, dass alleinstehende Frauen in besonderem Maß von Altersarmut bedroht sind. Das hat mit ihrer Erwerbsbeteiligung, den Betreuungsmöglichkeiten der Kindergärten und Schulen und eine Menge mit Rollenstereotypen zu tun. Wir können uns die Strukturdaten ansehen, die richtigen Anreize schaffen, die benachteiligenden Strukturen abbauen.

Auch andere Themen liegen uns am Herzen, z.B. eine gelungene Integration zu unterstützen. Angesichts des allgegenwärtigen Fachkräftemangels müssen wir einiges tun, um gut zu bilden und auszubilden. Dabei ist eine Kreisverwaltung hilfreich, die sich ihrer Vorannahmen bewusst ist und Benachteiligungen vermeidet. Das alles bei finanziell schwierigen Bedingungen in sämtlichen Bereichen.  

Ein Herzensanliegen ist mir persönlich dabei, möglichst die Erkenntnisse der Wissenschaft zu berücksichtigen, die auch in den Gleichstellungsberichten der Bundesregierung benannt werden. Der 3. Bericht befasst sich beispielsweise mit der Frage, welche Weichenstellungen erforderlich sind, um die Entwicklungen in der digitalen Wirtschaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben. Das ist im Kreis Kleve beispielsweise bei einer wünschenswerten und notwendigen Gestaltung der administrativen Prozesse wichtig zu beachten: Wer hat Zugang, wer hat welchen Nutzen? Werden die Prozesse barrierefrei gestaltet? Man darf befürchten, dass in den männerdominierten Bereichen die Belange von Frauen oder Familien nicht selbstverständlich mitgedacht werden. Über bittere Erfahrung wurde schon in der Coronazeit berichtet.

Wenn wir nun Klimaschutzmaßnahmen beraten, sollte bei allem z.B. bedacht werden, dass Frauen ein ca. 7% geringeres Einkommen haben, aber für Kredite 7 % höhere Kosten aufwenden müssen. Das kann sich auf eine Förderkulisse auswirken, z.B. im ÖPNV.

Vielen Dank für Deine Zeit und den interessanten Einblick, Elke!