Das Bündnis CDU-Grüne in Kleve steht! 4. Dezember 2010 Über aktuelle Erfolge der Grünen und ihre Zusammenarbeit mit der CDU führte der „Kurier am Sonntag“ ein längeres Interview mit Thomas Velten, dem Vorsitzenden der Grünen in Kleve. Olaf Plotke im Gespräch mit Thomas Velten Die Grünen erleben derzeit in den Umfragen einen beispiellosen Höhenflug. Doch nach vielen Erfolgen gab es jetzt einen Dämpfer: Die CDU-Grünen-Koalition in Hamburg ist am Ende. Auch in Kleve gibt es ein Bündnis aus CDU und Grünen. Und das klappt prima, sagt zumindest der Klever Grünen-Vorsitzende Thomas Velten. Die Koalition aus CDU und Grünen in Hamburg ist gescheitert. Jetzt heißt es, dass CDU und Grüne nicht zusammenpassen. In Kleve arbeiten CDU und Grüne seit langem prima zusammen. Wie lange noch?Velten: Schwarz-grün in Kleve hat eine historische Leistung vollbracht: Der jahrzehntelange politische Dornröschenschlaf ist beendet worden. Zentrale Fragen konnten einer Lösung zugeführt werden: Die Neugestaltung der Unterstadt, die ökologische Modernisierung der Schulen, die Nordumgehung Kleves, der Streit um Neubau oder Sanierung des Rathauses, der neue Fahrradwegeplan, die ökologische Ausrichtung von Bebauungsgebieten – bei allem haben Bündnis 90/DIE GRÜNEN zukunftsweisende Lösungen durchsetzen können. Gibt es derzeit einen Grund, dies zu beenden? Könnten Sie sich nach der nächsten Wahl auch eine Zusammenarbeit mit der Klever SPD vorstellen?Velten: Das Agieren der SPD im Rat ist handlungsorientierter und konstruktiver geworden. Inhaltlich halte ich an vielen Punkten eine Zusammenarbeit für möglich und dies geschieht auch über die Parteigrenzen hinweg. Aber das Bündnis CDU-Grüne in Kleve steht! Wichtig für die Klever Grünen in Kleve ist der Gestaltungsfreiraum – und den haben wir zur Zeit mit der CDU. Warum sind die Grünen in Umfragen plötzlich so erfolgreich?Velten: Weil ihre Analysen und Vorschläge, ihr Denken und Handeln Allgemeingut werden. Immer mehr Menschen begreifen, dass wir nicht alleine auf unseren Planeten leben, dass das Erdölzeitalter zu Ende geht, die Rohstoffe immer knapper werden. Deutlich wird an den zunehmenden Anstrengungen umweltfreundlichen und effizienten Technologien. Nicht nur einige wenige Tüftler und Erfinder bewegen sich, sondern langsam nehmen auch ganze Industriezweige den nötigen Wandel in Angriff. Das zeigt sich im Energiebereich, im Maschinenbau, im Automobilbau. Und immer mehr Bürger merken, dass wir Geld nicht essen können, dass neue soldarische Lebensentwürfe nötig sind! Bisher hat man die Grünen immer eher als linke Partei angesehen. Ist das überhaupt noch richtig?Velten: Die Grünen haben von jeher die Rechts-Links-Polarisierung abgelehnt. Dass man die Grünen als linke Partei wahrgenommen hat, liegt u.a. daran, dass eine der wesentlichen Programmpunkte im Sozialen liegt. Gerechtigkeit ist und bleibt einer unsere zentralen Programmziele. Für mich bedeutet links sein, auch an die kleinen Leute zu denken und die Auswüchse der Ellenbogengesellschaft zu zähmen. In diesem Sinne sind die Grünen sicherlich noch links. Das sieht man z.B. in ihrem Eintreten für Arme, für Behinderte und Benachteiligte. In diesem Sinne leiten Susanne Siebert und Artur Leenders erfolgreich in Kleve den Sozialausschuss und den Integrationsausschuss. Ich selber bin z. B. Vorsitzender des Vereins Selbsthilfe e.V., der Langzeitarbeitslosen und Hartz IV-Beziehern bei der Durchsetzung ihrer Rechte hilft. Was ist überhaupt dran an der Aussage, die Grünen seien auf dem Weg zur Volkspartei?Velten: Richtig ist an der Aussage, dass wir vom Arbeitslosen bis zum Unternehmer breite Volksschichten vertreten. Das war auch in der Vergangenheit so. Leider wurde die Partei lange Zeit auf ihr ökologisches Programm reduziert. Im Gegensatz zu anderen Parteien haben wir immer noch ein klares politisches Profil, dass der Wähler honoriert. Die CDU leidet im Moment daran, dass die unterschiedlichen Flügel der Partei sich gegenseitig lähmen. Außerdem ist sie mit der FDP beschäftigt. Frau Merkel moderiert, wird aber als zu zögerlich angesehen. In der FDP ist der Einfluss der Lobbygruppen überdeutlich geworden. Werden die Grünen die SPD bald überholen?Velten: Die SPD hat das große Problem, das ihre traditionellen Wählermilieus, die geschlossenen Arbeiterviertel in den Großstädten, wegbrechen. Auch verschwimmt ihr Profil. In Berlin und Baden-Württemberg und einigen Großstädten liegen die Grünen vorn. Auch in Kleve gab es bei der letzten Wahl bereits fünf Wahlkreise, in denen die Grünen vor der SPD lagen. Für genaue Prognosen gibt es kein präzises Datenmaterial. Die Grünen sind für Ihre innerparteilichen Auseinandersetzungen bekannt. In Kleve scheint es so, als haben die Pragmatiker jetzt das Sagen. Stimmt das? Wie oft streiten Sie sich mit Artur Leenders und Michael Bay?Velten: Jede Partei lebt von innerparteilichen Diskussionen. In der Tat kann man sich mit Michael Bay und Artur Leenders gut „fetzen“. Aber der Streit wird überschätzt. Gestritten habe ich mich mit Michael und Artur wegen des Flughafens in Weeze. Ich halte weder den Billigflieger Ryan Air noch den Eigentümer Buurmann für seriös. Auch habe ich etwas mehr Distanz zu Bürgermeister Theo Brauer. Was aber wegen meiner Funktion als Parteivorsitzender auch in der Natur der Sache liegt. In anderen politischen Themenfeldern trennen uns nur Nuancen.Haben bei den Grünen in Kleve die Pragmatiker das Sagen? Natürlich! In der Politik kann man nicht nur weltanschaulich argumentieren, sondern muss auch praktische Politik machen. Das ist nicht neu. Letztlich müssen ethische Vorstellungen umgesetzt werden, wenn sie nicht wirkungslos bleiben sollen. Wie stark ist eigentlich die grüne Basis im Kreis Kleve? In der Öffentlichkeit sieht man nun seit Jahren fast immer nur die gleichen Aushängeschilder: Sickelmann, Kunisch, Velten, Peters, Bay, Leenders. Velten: Eine Partei ist natürlich weit mehr, als nur die „Aushängeschilder“. In allen Bereichen treten neue Gesichter in Erscheinung. Ich persönlich freue ich mich besonders über die grünen Jugendgruppen, die es auch in der Provinz gibt. Mittelfristig werden die Grünen immer mehr von Frauen geprägt werden. Bereits jetzt gibt es in Emmerich (Ute Sickelmann und Sabine Siebers), in Goch (Hilde Hensel), in Kranenburg (Ulla van Driel) und in Kevelaer (Miriam Etzold) tolle Frauen in Führungspositionen. In Kleve bereichern Susanne Siebert und Hedwig Meyer-Wilmes die politische Arbeit. Und Wiltrud Schnütgen gehört zur Stadtpolitik in Kleve wie die Schwanenburg. Sind die Grünen schon so normal geworden, dass auch bei Ihnen die Politiker an Ihren Ämtern, Pöstchen und natürlich auch am Geld hängen?Velten: Auch Bündnis 90/Die Grünen können auf den Wert der Erfahrung in der Politik nicht verzichten. Wenn am Anfang das Rotationsprinzip stand, so hat es sich gezeigt, dass es auch in der Politik Lehrjahre gibt und man nicht ohne Not auf eingearbeitete und engagierte Menschen verzichten sollte. Wenn Politikern nachgesagt wird, sie hingen am Gelde und deshalb an ihren Pöstchen, verkennt man oft, wie groß der zeitliche Aufwand ist. Und die Vergütungen zumindest auf kommunaler Ebene fallen nicht gerade fürstlich aus. In Kleve steht noch immer der Idealismus im Vordergrund und so sollte es auch in Zukunft bleiben. Kurier am Sonntag, 5. Dezember 2010 In der Print-Ausgabe des Kurier am Sonntag wurde das Interview um die beiden letzten Fragen gekürzt. Hier finden Sie den Artikel aus dem Kurier im pdf-format
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