Rede zum Kreishaushalt 2025

Rede zum Haushalt 2025 des Kreises Kleve von Andreas Mayer, Fraktionsvorsitzender B90/Die Grünen im Kreistag Kleve.

Kleve, 13. Februar 2025.

Zuallererst möchte ich mich bei der Verwaltung, unseren Partnern in der 4-er Gruppe, Herrn Hayduk von der Linken, aber auch bei der CDU für die Zusammenarbeit in den letzten Jahre bedanken.

Unser Kreishaushalt 2025 steht unter einem schlechten Stern:
Die Kommunen haben zu wenig Geld, der Kreis hat zu wenig Geld, das Land hat zu wenig Geld und auch der Bund hat zu wenig Geld. Wenn ich Nachrichten schaue, erfahre ich, dass viele Brücken marode sind, dass das Bahnsystem auf Verschleiß fährt, viele Straßen in einem schlechten Zustand sind und Schwimmbäder geschlossen werden. So könnte ich die Liste noch fortsetzen, aber Deutschland ist doch ein reiches Land? Die Deutschen werden im Mittel immer reicher, aber: 10% besitzen mehr als die Hälfe des Vermögens und 3.300 Superreiche ¼ des gesamten Finanzvermögens, Tendenz zunehmend. 15% der Menschen haben Null-Vermögen und 20% der Menschen sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Ja, meine Damen und Herren, ist das einfach so? Naturgegebener Sozialdarwinismus?

Nein: Spitzensteuersätze, Erbschafts- und Vermögenssteuer senken haben mit dazu geführt. Allein die Steuerreformen im Jahre 2000 führten dazu, dass rund € 10 Milliarden Steuern pro Jahr weiniger eingenommen werden. Die Abschaffung, bzw. Nichtwiedereinführung der Vermögenssteuer im Jahr 1997 kostet dem Staat pro Jahr € 1,5 Milliarden. Die Reform der Erbschaftssteuer führt seit 2009 zu Mindereinnahmen von 3-4 Milliarden pro Jahr. Also es ist gar kein Wunder, dass die Einkommensverteilung ungleicher wird und der Bund, das Land und die Städte und Gemeinden weniger Geld haben.

Mal dazu eine Überlegung: Was macht man, wenn das Dach ein Loch hat und es rein regnet? Man nimmt einen Kredit auf, repariert das Dach und die Familie kann in einem warmen Haus leben. Und was macht man als Gemeinwesen, wenn die Infrastruktur vergammelt, die Schwimmbäder geschlossen sind, für Arten– und Klimaschutz nichts übrig ist? Nichts, weil es ja eine Schuldenbremse gibt, und man erst Geld ansparen muss. Und dann ist die Infrastruktur halt kaputt, das Klimaziel gerissen und der letzte Kiebitz im Naturkundemuseum zu besichtigen.

Also, mit dem vorher Gesagten wollte ich die Rahmenbedingungen beschreiben, die wir sehen müssen, wenn wir auf den Kreishaushalt schauen. Die Ursache unseres heutigen Sparhaushalt ist extern. Es äußert sich darin, dass, wie auch schon der Kämmerer in seiner Haushaltsrede gesagt hat, Bund und Land die Finanzverantwortung „nach unten“ durchreichen. Dies sind dann Leistungen im Bereich Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe zur Pflege oder auch im Bereich der Jugendämter, Hilfe zur Erziehung und bei den Kitas und eben auch bei Klima- und Artenschutz. Hier werden der Kreis und die Kommunen im Regen stehen gelassen. Im Juli letzten Jahres war dann plötzlich das Krankenhaus Emmerich in der Insolvenz, und der Landrat sagte, ich glaube im Juni 2024, dass der Kreis doch niemals als Krankenhausbetreiber einsteigen wolle. Jetzt sehen wir leider, dass genau diese Option die einzige Manier ist, um das Krankenhauses in Emmerich zu retten. Der Einsatz hierfür ist mehr als € 18 Millionen.

Jetzt möchte ich gerne aber, beim letzten Haushalt, der in dieser Legislaturperiode eingebracht wird, auch noch einmal zurückschauen. In 2020 hatte die CDU zum ersten Mal seit 1949 keinen Partner mehr mit dem eine Mehrheit im Kreistag erreicht werden konnte. Es bildete sich eine 4-er Gruppe aus FDP, Vereinigte Wählergemeinschaft, SPD und Grünen – unterstützt von Herrn Hayduk von der Linken- und diese stimmten ihre politischen Wünsche für den Kreis Kleve miteinander ab. So zurückblickend haben wir doch einiges auf den Weg gebracht. Ich möchte insbesondere nennen: das Klimaschutzkonzept, das Nachhaltigkeitskonzept, die Ökomodellregion, den Start der Erarbeitung der Biodiversitätsstrategie und die ÖPNV-Offensive.

Vieles wurde zwar von der 4-er Gruppe angestoßen, aber auch die CDU und die Verwaltung haben sich geöffnet und wir haben gemeinsam konstruktiv was erreicht. Die Ära Spreen war passé. In der Zusammenarbeit haben wir gemeinsam den Weg zu einem nachhaltigeren Kreis eingeschlagen und eine neue Gesprächskultur erlebt. Hierfür möchte ich allen ausdrücklich danken.

Doch kommt nach dem Sommer immer automatisch ein Herbst und ein Winter? Das politische Klima hat sich jedenfalls in Berlin stark verändert. Merz statt Laschet, Lindner macht den Lindner, Klima- und Artenschutz sind‚ nice-to-have, scheint es. Wir haben die Schuldigen gefunden: Die Bürgergeldempfänger, Ausländer und Asylsuchende sind jetzt unsere Sündenböcke und schuld an aller Misere? Nein, natürlich nicht. Bei aller Trauer über den Anschlag in München muss Barmherzigkeit und Geschichtsbewusstsein uns sagen, dass Asylrecht eben ein solches ist. Wir dürfen hier nicht den Rattenfängern auf den Leim gehen, die dann gleich mal so nebenbei unsere Demokratie abschaffen wollen und eben auch nicht mit ihnen zusammenarbeiten.

Wenn wir die Welt für unsere Kinder und Kindeskinder lebenswert erhalten wollen, sind die wichtigsten Probleme immer noch soziale Ungleichheit, Klimawandel, Artenschwund und die schleppende ökologische Transformation der Wirtschaft. Das ist dann auch unser Einsatz im Kreis. Wir sind in der Mitte der Gesellschaft und stehen ein für eine gute Welt.

Ich will mich jetzt auf den Haushalt, bzw. auf die wichtigsten durch die Fraktionen eingebrachten Anträge konzentrieren. Mit unseren Anträgen zur Verkehrssicherheit, zu einer Kreisenergiegesellschaft, zu einer Ausweitung der Randzeitenbetreuung, einer Stelle zur Radverkehrskoördination, zur Bildungskarte für Kinder in Armut und zum Einrichten eines Verhütungsmittelfonds wollten wir den vorher genannten Problemen zu Leibe gehen.

Der Prüfauftrag zur Kreis Klever Energiegesellschaft, die sich insbesondere auf die Förderung der Wasserstoffwirtschaft richten soll, ist angenommen. Einige Themen haben wir auf Grund der Diskussion und der Mehrheitsverhältnisse zurückgezogen, aber werden dies in den Ausschüssen schon noch weiter angehen. Andere sind von der Mehrheit abgelehnt worden: Insbesondere schmerzt uns, dass FDP, CDU und AFD gegen den Verhütungsmittel-Fonds gestimmt haben. Die Folge wird sein, dass die Zahl der Abtreibungen im Kreis nicht verringert werden: Unbegreiflich, dass die CDU da nicht mitzieht, wie ihre Weseler Kollegen. Die Gleichstellungsbeauftragte der Verwaltung hatte den Antrag der Grünen ja auch unterstützt. Unbegreiflich ist daher auch, dass die FDP dem Votum der Gleichstellungsbeauftragten nicht gefolgt ist, mehr Gleichstellung ist doch auch mehr Freiheit und Emanzipation für Frauen?

Die Bildungskarte für Kinder wurde gar gegen die Stimme des Landrats, nur von Afd und CDU gemeinsam abgelehnt: Eine nur zufällige Mehrheit oder ein Omen?

Die FDP hat mit ihrem Antrag zur ÖPNV-Offensive das vor Ort gemacht, was vorher auch in Berlin Usus war: Die Verkehrswende ist nicht unser Ding. Um es nochmal zu erklären: Zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors ist der Ausbau des ÖPNV ein wichtiger Baustein. Bisher wurde diese Erkenntnis auch von allen Fraktionen im Kreistag so getragen und mit angegangen. Die Rückfrage bei der Verwaltung hat ergeben, dass die Auswirkungen ‚verhältnismäßig gering’ sein würden, aber eben nicht auszuschließen seien. CDU, FDP, Afd und der Landrat wollen diese mögliche negative Folge einer Budgetverringerung aber in Kauf nehmen: Eine zufällige Mehrheit gegen Klimaschutz? Dies ist für uns Grüne nicht hinnehmbar: Klimaschutz ist keine Verfügungsmasse, sondern Kernaufgabe der Menschheit und damit auch des Kreises Kleve.

Um nun zum Ende zu kommen und ein Fazit ziehen: Können wir Grünen diesen Haushalt unterstützen?

Es ist nicht leicht, wir verstehen die Zwänge der Kämmerei, zaubern kann auch ein Herr Hebben nicht, aber wir verstehen nicht, dass im Bereich Emanzipation, Freiheit und Klimaschutz unsere Anträge von der Mehrheit des Kreistages so zur Seite geschoben wurden. Der Kreisausschuss hat mehrheitlich beschlossen, dass die Beschlüsse des Kreisausschusses über die Anträge zusammen mit dem übrigen eingebrachten Haushalt in einem Paket beschlossen werden sollen: Das ist auch jetzt der Beschlussvorschlag.

Sollen wir einfach alle Kröten runterschlucken? Zumal im Kreistag die Mehrheiten gerade auch möglicherweise etwas anders wären? Nein! Wir werden daher ein Zeichen setzen und diesem Haushalt nicht in dieser Form zustimmen.