Düffel – Schlagabtausch im Ratssaal

Nabu-Mitarbeiter und Landwirte aus der Düffel reden wieder miteinander Der Streit über das EU-Projekt ist allerdings noch lange nicht ausgeräumt

Andres Barkow leitet das „Life+“-Projekt für den Schutz der Wiesenvögel in der Düffel.
Sie sprechen zumin­dest wieder miteinander – auch wenn sie nicht einer Meinung sind. Im Umweltausschuss der Gemein­de Kranenburg gab es Donnerstag­abend einen interessanten Schlag­abtausch der Argumente zwischen Nabu-Mitarbeitern und Landwir­ten aus der Düffel: Das Für und Wi­der des Naturschutzes wurden ab­geklopft und es bildete sich eine Diskussion auf hohem Niveau -jetzt fehlt nur der Interessensaus-gleich.

Aber das wäre für das erste Ge­spräch seit langer Zeit ja auch et­was viel verlangt. Zu tief ist die Ab­lehnung der Landwirte gegen das geplante Wiesenvogelschutzpro-jekt der Europäischen Union, wel­ches von der Nabu in Kranenburg beantragt wurde und umgesetzt werden soll. 12,3 Millionen Euro stellt die EU dafür bereit. Geld, mit dem in der Düffel 215 Hektar Land angekauft werden sollen, auf denen künftig nach ökologischen Kriterien gewirtschaftet werden soll, damit Wiesenbrüter wie Ufer­schnepfe, Feldlerche oder Großer Brachvogel eine Chance haben, ihre Küken groß zu ziehen.
Um dieses Ziel zu erreichen, möchte der Nabu auf den neuen Flächen eine andere Bewirtschaf­tungsweise durchsetzen: Unter an­derem sollen mit Rücksicht auf die Vogelgelege das Gras später ge­mäht und auch der Wasserhaushalt verändert werden. Ziel ist eine län­gere Bewässerung der Vogelschutz­flächen.

Wird das Land teurer?

In blau-umrandeten Gebieten wäre ein Flächenerwerb sinnvoll.
Dies sehen die Landwirte aller­dings äußerst kritisch. Sie fürchten Folgen für ihre eigenen Felder: Zu­sätzliche Vögel in.der Düffel bedeu­ten am Ende vielleicht auch zusätz­liche Auflagen für ihre eigenen Flä­chen. Ein Punkt, den der Nabu schlecht widerlegen konnte. Fer­ner erwarten die Bauern eine Ver-
teuerung der Landpreise, weil das Land knapper werde.
Volkhard Wille versicherte, dass der Nabu nur wasserrechtliche Veränderungen vornehmen kann, wenn andere Flächen nicht betroffen sind. Dies müsse gutachterlich nachgewiesen werden, sonst kön­ne man Schadensersatzansprüche stellen. Zu den hohen Projektkos­ten sagt Projektleiter Andreas Bar­kow: „Zwölf Millionen Euro hört  sich zwar viel an, aber ein Kilome­ter Autobahn kostet genauso viel." Bürgermeister Günter Steins hofft auf weitere Gespräche: ,Wir tun gut daran, den Dialog zu su­chen."
Die UMSETZUNG DES PROJEKTES
Für die Umsetzung des Pro­jektes sollen Beiräte gegründet werden, in die auch die Gemein­de Kranenburg und die Landwir­te einen Vertreter entsenden können, um sich kritisch mit dem Projekt auseinanderzuset­zen.
Die Landwirtschaftskammer soll den Verkauf und den Tausch der Flächen organisieren.
Informationen im Internet gibt es unter: http://life-wiesen-voegel- niederrhein.de

Kommentar

Landwirte müssen sich öffnen

Landwirte müssen sich öffnen

Bauern zeichnen sich auch durch ihre sprichwörtliche Schläue aus – und darauf sollten sich die Landwirte in der Düffel wieder besinnen. Wenn sie ihre ideologischen Scheuklappen ablegen würden, erkennen sie, dass das EU-Projekt zum Wiesenvogelschutz ihnen durchaus nützen kann. Denn das Thema „Naturschutz“ wird die Landwirtschaft in Zukunft nicht mehr los lassen – mit oder ohne Nabu in der Düffel.
So werden in diesem Jahr in Brüssel die Weichen für die Agrarsubventionen der kommenden sieben Jahre festgelegt. Und schon jetzt ist klar, dass die EU den ökologischen Gedanken, den Erhalt der Artenvielfalt, stärken möchte. Die bisherige Förderpraxis geht an vielen Zielen vorbei – etwa die Aufrechterhaltung der Kleinbetriebe oder die Wahrung der Artenvielfalt. Auch im Kreis Kleve sind zahlreiche Bauernhöfe bereits gestorben und viele Vogelarten im Bestand dezimiert.
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos möchte unter anderem, dass die alte Drei-Felder-Wirtschaft wieder eingeführt wird und dass sieben Prozent der subventionierten Produktionsfläche künftig als „ökologische Vorranggebiete“ ausgewiesen werden. Landwirte müssen hier also Schutzzone für Vögel bereitstellen. Sieben Prozent – das wären in der Düffel zirka 250 Hektar. Zum Vergleich: der Nabu möchte 215 Hektar über das „Life+“-Projekt ankaufen. Das riecht doch förmlich nach einer Win-Win-Situation: Mit dem EU-Geld ließen sich die Ziele von Landwirtschaft und Naturschutz sehr gut vereinbaren. Die Landwirte können jetzt ihr Land verkaufen und es anschließend auch noch mit Subventionen zurückpachten.
Die politischen Vertreter der Landwirtschaft sperren sich noch, zu groß ist für sie das „Feindbild Nabu“. Die Hürde zum Dialog zu nehmen, wird der größte Kraftakt sein.
Von Andreas Gebbink