„Das ist der blanke Mülltourismus“

Umweltschützer Eckhard Lenz dokumentiert umfangreiche Transporte von Champignon-Zuchtsubstraten in den Kreis Kleve.
Er informiert die Grünen und die Presse.

Das Champignon-Substrat auf einem Acker im Gebiet Die Düffel – Foto: Eckhard Lenz

Für Eckhard Lenz geschieht da gerade eine „Riesensauerei". Der streitbare Umweltschützer aus Kranenburg-Niel hat beobachtet, wie niederländische Transporter in großem Umfang „abgeerntetes, ungereinigtes Champignon-Zuchtsubstrat" auf den Äckern im Naturschutzgebiet „Die Düffel" aufbringen. „Das ist der blanke Mülltourismus", regt sich Lenz auf. Und: „Das hat eine andere Dimension als Gülle." Nach NRZ-Informationen wird der Kompost zurzeit auf einem Acker an der Keekener-Straße aufgetragen.
Denn: Der Nährboden für die Champignonzucht sei unter anderem auch mit Mitteln versetzt, welche die Champignpnfliege bekämpfen sollen, sagt Lenz. „Das Zeug baut sich im Boden aber nicht so schnell ab." Lenz‘ Befürchtung: Die Stoffe geraten ins Grundwasser. In einem Brief an Landesumweltminister Johannes Remmel weist er auf dieses Problem hin: „Bei diesem Substrat handelt es sich um Abfallstoffe der Nahrungsmittel-Industrie aus dem benachbarten Königreich der Niederlande", so Lenz.

„Im Naturschutzgebiet untergepflügt"

Das Problem sei seit zwölf Jahren bekannt. In einem Schreiben des Düsseldorfer Petitionsausschusses vom 4. September 2000 heißt es: „Das Fungizid Sporgon wird in holländischen Champignon-Zuchtbetrieben zur Bekämpfung von Schadpilzen eingesetzt. Aufgrund der eingesetzten Aufwandmenge und der hohen Resistenz des Wirkstoffes ist grundsätzlich die Gefahr von Prochloraz-Rückständen, die deutlich über die Mengen, die bei einer in Deutschland zugelassenen Anwendung in Getreide oder Raps auf die Flächen gelangen können hinausgehen, zu besorgen."

40 LKW-Container

Lenz schätzt, dass zuletzt 40 Lkw-Container auf einer Ackerfläche in der Düffel abgekippt worden sind. Die Ackerfläche   sei   Bestandteil des Naturschutzgebietes: „Und da hat das einfach nichts zu suchen", sagt Lenz. In den Niederlanden sei das Aufbringen des Substrates nicht mehr zulässig. Es müsse aufwendig erhitzt werden, bevor man es ausstreuen dürfe. „Müll in einem Naturschutzgebiet unterzupflügen, ist dreist und unverschämt", und er verweist auf die Verordnung für Naturschutzgebiete: „Es ist verboten, landschaftsfremde Stoffe im Naturschutzgebiet Die Düffel auszubringen. Der Begriff „landschaftsfremd" ist definiert: ‚Alle Stoffe, die nicht natürlich im Schutzgebiet vorkommen.’"

In seinem Brief an den Landesumweltminister beklagt Lenz die Untätigkeit der Behörden: „Alle Bemühungen in den vergangenen Jahren, die Aufsichtsbehörden (Gemeinde Kranenburg, Untere Landschaftsbehörde Kreis Kleve, Obere Landschaftsbehörde Bezirksregierung Düsseldorf) einzuschalten, um diesen Mülltourismus abzustellen, schlugen fehl."

Unterstützung der grünen Kreistagsfraktion

Unterstützung erhält Lenz von der Kreistagsfraktion der Grünen. Sie formulierten gestern ebenfalls einen Brief an Umweltminister Remmel, den Kreis Kleve und an die Bezirksregierung und machen darin auf das Problem aufmerksam. Grünen-Geschäftsführer Norbert Panek: „Ich verstehe das alles nicht mehr. In einem Landschaftsschutzgebiet dürfen in großem Umfang Bioabfälle entsorgt werden. Das versaut doch auch das Trinkwasser. Und es wird ja kaum kontrolliert."

Keine Kontrolle auf Pestizide?

Dies bemängelt auch Fraktionsvorsitzende Ute Sickelmann: „Bis auf ein paar Schwermetalle wird kaum untersucht. Die ganze Palette der Pestizide wird nicht beprobt. Wenn Exporteure sich darauf verlassen können, dass nicht geprüft wird, dann besteht für unsere Böden natürlich ein Risiko."

Andreas Gebbink, NRZ vom 29.10.2011