Die Gleichstellungsbeauftragte redet – wenn der Landrat es will

in einer Antwort auf eine Anfrage der grünen Kreistagsfraktion zieht der Landrat dem Rederecht der Gleichstellungebauftragten enge Grenzen. Die Fraktionen im Kreistag sollen nicht einfach ihre Stellungnahme anfragen können.

Die grüne Abgeordnete Elke Währisch-Große, stv. Gleichstellungsbeauftragte an der Universität/Gesamthochhoschule Essen-Duisburg, im Kreistag.

Wie steht es mit der Interessenvertretung der Frauen in der Kreisverwaltung?

Im März des Jahres hatte die grüne Kreistagsfraktion den Landrat nach seiner Rechtsauffassung zu den Interventionsmöglichkeiten und Rechten der Gleichstellungsbeauftragten gefragt. Insbesondere ging es auch um die Frage, ob einzelne Kreistagsmitglieder, eine Fraktion oder der Kreistag die Position der Gleichstellungsbeauftragten zu Angelegenheiten der Gleichberechtigung erfragen kann.

Die Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten beschränken sich bislang während der Kreistagssitzungen darauf, einmal im Jahr einen Bericht abzugeben. Weitere Meinungsäußerungen in den Kreistagssitzungen sind nicht bekannt. Liest man die aktuelle Stellungnahme des Landrates, die wir  hier dokumentieren, hat man den Eindruck, dass das auch so bleiben soll.

In seinen Ausführungen sieht der Landrat das Rederecht der Gleichstellungsbeauftragten eng.

Die Kreisordnung sieht vor:

(3) Die Gleichstellungsbeauftragte kann in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches an den Sitzungen des Kreisausschusses, des Kreistages und seiner Ausschüsse teilnehmen. Ihr ist auf Wunsch das Wort zu erteilen. Sie kann die Öffentlichkeit über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs unterrichten.

Erläuterungen zum Gleichstellungsgesetz sagen:  Die Gleichstellungsbeauftragte ist bei allen Maßnahmen in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs (s.o.) bereits im Planungsstadium zu beteiligen, d.h. zu unterrichten und unter Einräumung der gesetzlichen Fristen anzuhören. Dies gilt auch für die Erstellung von Beschlussvorlagen der Verwaltung für den Rat oder seine Ausschüsse (vgl. § 62. Abs. 2 GO). Hierzu erhält sie umfassende Akteneinsicht.

Zitat Landrat Spreen: "Dabei hat sich die Entscheidung des Landrates bzw. Ausschussvorsitzenden an den gesetzlichen Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten auszurichten….  Eine Möglichkeit, die Auffassung der Gleichstellungsbeauftragen zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt durch den Kreistag, eine Kreistagsfraktion oder einzelne Kreistagsmitglieder zu erfragen, besteht auch hiernach nicht."

Diese Auffassung legt nahe, dass der Beratungsauftrag der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Kleve erheblich durch die enge Auslegung des gesetzlich mehrfach verankerten Rederechts eingeschränkt wird. Herr Spreen:  Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt die Dienststelle und wirkt mit bei der Ausführung dieses Gesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können.

Warum die Angst vor einer Stellungnahme der Gleichstellungbeauftragten? Genau das ist ihr Auftrag und genau deshalb ist ihr ein Rederecht gegeben!
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Anfrage der grünen Kreistagsfraktion zum Rederecht der Gleichstellungsbeauftragten vom 15.03.2016

Sehr geehrter Herr Landrat Spreen,

anlässlich des internationalen Frauentages bitten wir um Beantwortung folgende Fragen:

In der Hauptsatzung (§15 Abs.3) des Kreises Kleve steht:

„Die Gleichstellungsbeauftragte ist berechtigt, in Abstimmung mit dem Hauptverwaltungsbeamten / der Hauptverwaltungsbeamtin an den öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen des Kreistages, der Ausschüsse und an den verwaltungsinternen Gesprächsrunden teilzunehmen. Ihr sind für alle Sitzungen rechtzeitig die Einladungen und Unterlagen zuzuleiten. Das Rederecht der Gleichstellungsbeauftragten in den Gremien orientiert sich an der geltenden Rechtslage, wobei die Gleichstellungsbeäuftragte den Hauptverwaltungsbeamten/der Hauptverwaltungsbeamtin rechtzeitig über die Einwendungen und Vorschläge, die sie in den vorgenannten Gremien zur Sprache bringen will, informiert."

Bitte informieren Sie darüber, welches Rederecht die geltende Rechtslage der Gleichstellungsbeauftragten in den Gremien einräumt. Wir bitten auch um Angabe der zugrunde liegenden Gerichtsurteile, aus der die Rechtslage abgeleitet wird.

Weiterhin bitten wir um Beantwortung nachstehender Fragen:

1. Gibt die geltende Rechtslage – nach Ihrer Auffassung – dem Kreistag oder einzelnen Kreistagsmitgliedern die Möglichkeit, die Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten zu Themen der Tagesordnung zu erfragen?

2. Wie bewirken Sie, dass dem Auftrag des LGG und der Hauptsatzung (§15, Abs. 2)
„ER/SIE (der Landrat) trägt dafür Sorge, dass die Gleichstellungsbeauftragte die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen erhält und ihre Auffassung zu gleichstellungsrelevanten Angelegenheiten bei der Meinungs- Bildung berücksichtigt wird."

Geltung verschafft wird?

Mit freundlichen Grüßen
Ute Sickelmann
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Kleve
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Stellungnahme des Landrates des Kreises Kleve vom 22.04.2016

Anfrage zur Hauptsatzung (Rederecht Gleichstellungsbeauftragte) des Kreises Kleve
Ihre Anfrage vom 15.03.2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrer o.g. Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:

Maßgeblich für die in § 15 Abs. 3 der Hauptsatzung des Kreises Kleve erwähnte Rechtslage ist § 3 Abs. 3 S. 2 Kreisordnung NRW (KrO NRW). Demnach kann die Gleichstellungsbeauftragte in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs an einer Sitzung des Kreisausschusses, des Kreistages und seiner Ausschüsse teilnehmen. Ihr ist auf Wunsch das Wort zu erteilen. Die Möglichkeit zur Stellungnahme dient der frühzeitigen Einflussnahme auf den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der Kreistags-, Kreisausschuss- und Ausschussmitglieder. Das Rederecht ist begründet und begrenzt durch den Umfang des Teilnahmerechts.

Im Grundsatz wirkt die Gleichstellungsbeauftragte bei allen Vorhaben und Maßnahmen des Kreises mit, die die Belange von Frauen berühren und Auswirkungen auf die Gleichberechtigung und die Anerkennung ihrer gleichberechtigten Stellung haben (§ 3 Abs. 2 KrO NRW). Dies können fachliche Angelegenheiten mit Bezug zu Gleichstellungsfragen sein, Personalfragen mit Gleichstellungsbezug, Angelegenheiten mit Bezug zu oder in Umsetzung von Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes NRW (LGG NRW) oder auch Angelegenheiten mit Bezug zur (organisatorischen) Stellung der Gleichstellungsbeauftragten selbst. Wenn Tagesordnungspunkte diesen Zuständigkeitsbereich berühren, hat die Gleichstellungsbeauftragte ein Teilnahmerecht an den entsprechenden Sitzungen und zu den Tagesordnungspunkten ein Rederecht.

Über die Erteilung des Wortes in den Sitzungen entscheidet grundsätzlich der Landrat als Vorsitzender des Kreistages und Kreisausschusses bzw. der Ausschussvorsitzende. Dabei hat sich die Entscheidung des Landrates bzw. Ausschussvorsitzenden an den gesetzlichen Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten auszurichten. Die Wortmeldung der Gleichstellungsbeauftragten ist in den geschäftsordnungsmäßigen Ablauf der Sitzungen einzugliedern und vergleichbar mit dem Redebegehren einer sonstigen im Kreistag bzw. den Ausschüssen redeberechtigten Person zu behandeln.

Zu Frage 1.:

Wie oben erläutert wirkt nach § 3 Abs. 2 KrO NRW die Gleichstellungsbeauftragte bei allen Vorhaben und Maßnahmen des Kreises mit, die die Belange von Frauen berühren oder Auswirkungen auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann und die Anerkennung ihrer gleichberechtigten Stellung in der Gesellschaft dienen. Insofern ist in § 3 Abs. 3 KrO NRW zunächst ein Teilnahmerecht der Gleichstellungsbeauftragten an den Sitzungen begründet. Auf Wunsch ist ihr das Wort zu erteilen.

Weder die Hauptsatzung des Kreises Kleve noch das LGG NRW enthalten Regelungen dazu, ob der Kreistag oder die Kreistagsmitglieder die Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten erfragen können bzw. ob die Gleichstellungsbeauftragte verpflichtet ist, auf Verlagen ihre Auffassung wiederzugeben. Hinsichtlich der Frage ist daher auf die allgemeinen Regelungen der KrO NRW abzustellen. Eine Möglichkeit, die Auffassung der Gleichstellungsbeauftragen zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt durch den Kreistag, eine Kreistagsfraktion oder einzelne Kreistagsmitglieder zu erfragen, besteht auch hiernach nicht. Solche Pflichten gibt es im Bereich der KrO NRW bzw. GO NRW nur in einzelnen, explizit geregelten Fällen (z.B. Auskunftsverpflichtung in § 26 Abs. 4 KrO NRW, die Pflicht zur Stellungnahme zu einem Punkt der Tagesordnung nach § 48 Abs. 1 KrO NRW), die auch nicht erweitert werden können. Auch eine Erweiterung durch eine Geschäftsordnungsregelung oder Hauptsatzungsregelung ist ausgeschlossen, da die Rechtstellung der Gleichstellungsbeauftragten in § 3 Abs. 2 bis Abs. 5 und dem LGG NRW abschließend geregelt ist. Die Hauptsatzungskompetenz in § 3 Abs. 5 KrO NRW ermöglicht keine Erweiterung der Rechte und Pflichten der Gleichstellungsbeauftragten. Eine Pflicht zur Abgabe einer Erklärung oder Stellungnahme auf Antrag würde zudem in die Rechtsstellung der Gleichstellungsbeauftragten in belastender Art und Weise eingreifen, sodass ohne gesetzliche Regelung eine solche Pflicht nicht herleitbar ist.

Zu Frage 2.:

Gemäß § 18 Abs. 1 LGG NRW erhält die Gleichstellungsbeauftragte Einsicht in alle Akten, die Maßnahmen betreffen, an denen sie zu beteiligen ist. Nach Absatz 2 ist die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören. Ihr ist innerhalb einer angemessenen Frist, die in der Regel eine Woche nicht unterschreiten darf, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Kleve erhält fristgerecht die Einladungen nebst entsprechenden Informationen zu allen Besprechungen, die Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs betreffen. Seitens der Dienststellenleitung werden alle vorliegenden Informationen weitergeleitet, die es ermöglichen, die beabsichtigte Maßnahme – insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern – zu beurteilen und eine beabsichtigte Entscheidung nachzuvollziehen. Ebenfalls kann uneingeschränkt das unmittelbare Vortragsrecht bei der Dienststellenleitung genutzt werden. Dadurch ist die Gleichstellungsbeauftragte von der Einhaltung des Dienstweges und der Einschaltung etwaiger Vorgesetzter entbunden.

Die übrigen Fraktionen im Kreistag Kleve sowie die fraktionslosen Kreistagsmitglieder erhalten eine Ausfertigung dieses Schreibens zur Kenntnis.

Mit freundlichen Grüßen

Spreen
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