Garisch: Zaghaftes Tempo

Im Rahmen seiner Haushaltsrede ging Siegbert Garisch, der Farktionsvorsitzende der Grünen im Rat, u.a. auf das neue Volkswindrad, die veränderte Schullandschaft, den Flächennutzungsplan, die Rathaussanierung und das neue Radverkehrskonzept ein.

Der Rat der Stadt Kleve hat am 14.12.2011 mit den Stimmen der CDU und der Grünen dem Haushalt 2012 zugestimmt. Bei den Haushaltberatungen ging der grüne Fraktionsvorsitzende Siegbert Garisch schwerpunktmößig auf die veränderte Schullandschaft, die Energiepolitik, den neuen Flächennutzungsplan und das Radwegekonzept ein. Thema war auch die verzögerte Rathaussanierung.

Die Haushaltrede von Siegbert Garisch

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Brauer,
sehr geehrte Herren Beigeordneten Haas und Rauer,
sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Von der Vision zur Wirklichkeit

Es gibt viele Arten der politischen Arbeit.

Wir, Bündnis 90/Die Grünen in Kleve, haben uns dazu entschieden, zunächst übergeordnete Metapläne als Ziel zu formulieren und diese als Arbeitsgrundlage unserer Ratsarbeit zu betrachten.

In die Erarbeitung dieser übergeordneten Pläne und in deren Umsetzung – und das ist uns als Grüne besonders wichtig – muss die Bevölkerung rechtzeitig, möglichst schon zu Beginn aktiv eingebunden werden.

Diese Herangehensweise scheint zunächst zeitintensiver und oft auch mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Auf die Dauer jedoch bewirkt diese Herangehensweise im Ergebnis einen politischen Konsens in den Entscheidungsgremien und eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Und das wiederum spart Zeit und Kosten.

Die konsensorientierte Zukunftsplanung ist in Kleve schon an vielen Stellen gelungen und trägt ihre Früchte- als Beispiele seien aufgeführt

·    Das Stadtentwicklungskonzept
·    Das Radverkehrskonzept
·    Das Einzelhandelskonzept
·    Die Planungen zur Unterstadtbebauung/ Rathaussanierung
·    endlich wird nun die Neugestaltung des inzwischen über 40 Jahren alten und
     überholten Flächennutzungsplan begonnen.

Dem einen oder anderen Bürger geht das alles viel zu mühsam, es dauert scheinbar alles zu lange. Die bürgerliche Ungeduld findet dann ihr Ventil in von Angst und Ärger geprägten Vorwürfen an die Politiker, denen mit äußerstem Misstrauen zu begegnen ist, da diese den kleinen Mann sowieso nur hintergehen möchten.

Der Erfolg, das positive Ergebnis dieser Entwicklungsprozesse in Kleve und der der derzeit ausgesprochene „gute Lauf“ der Stadt sind die Antworten darauf..

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Wir sind der Landesregierung NRW und hier insbesondere der grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann ausgesprochen dankbar, dass sie die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen hat, die Kommunen nicht nur in ihrer Gestaltungsmöglichkeit zu stärken, sondern auch durch den „Schulkonsens“ einen Jahrzehnte währenden ideologisch geprägten Schulstreit beendet zu haben.

Kleve, Bedburg-Hau und Kranenburg haben erstmals den Weg einer gemeinsamen Schulentwicklungsplanung beschritten und im Ergebnis einen grundlegenden Umbruch der Schullandschaft auf den Weg gebracht:

Die Schulausschüsse von Kleve, Bedburg- Hau und Kranenburg haben praktisch einstimmig, die Gründung einer integrierten Gesamtschule im gebundenen Ganztagsbetrieb in Kleve und einer eben solchen vertikalen Sekundarschule in Kleve mit Dependancen in den beteiligten Gemeinden beschlossen und eine entsprechende Beschlussempfehlung an die Räte ausgesprochen.
Dass alle Schulen inklusiv arbeiten (müssen) sollte vielleicht am Rande ins Gedächtnis gerufen werden.

Gleichzeitig sollen über öffentlich- rechtliche Vereinbarungen Regelungen der Kostenverteilungen zwischen den drei Kommunen getroffen werden.

Mit unserer wiederum einstimmigen Entscheidung, den Prozess der interkommunalen Schulentwicklungsplanung zu begehen, haben wir die Grundlagen dieser anstehenden Entscheidung geschaffen. Die Bezirksregierung konnte der nun beabsichtigten Dependancenlösung nur vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Planungsarbeit folgen.

Unsere Aufgabe als Rat der Stadt Kleve besteht darin, die Elternwünsche in eine bestehende Schullandschaft einzufügen.

Durchschnittlich dauert in NRW die Errichtung einer Gesamtschule 4 Jahre –
in Kleve nur 2 Jahre. Auch das sei am Rande bemerkt.

Wenn wir als Rat der Stadt Kleve dieser Beschlussempfehlung folgen werden, und davon gehe ich aus, ist ein Riesenschritt getan, aber die eigentliche Arbeit muss noch geleistet werden.

Als Schulträger haben die Stadt Kleve und ihre Nachbargemeinden nun noch mehr die Pflicht, die geplanten Sanierungen vorhandener Schulgebäude und die geplanten Erweiterungsbauten konsequent und zügig voranzutreiben und fertig zu stellen.

Wir haben einen hochkomplexen Veränderungsprozess in Kleve und den beiden Gemeinden eingeleitet.
Schulrechtliche, schulorganisatorische Entscheidungen und pädagogische Konzepte müssen in einer kleinen Zeitspanne auf den Weg gebracht werden.

Dies wird aus unserer Sicht nur gelingen, wenn dieser Prozess durch eine fachlich versierte und erfahrene Koordinationskraft gesteuert wird. Die Bezirksregierung hat schon signalisiert, uns bei der Auswahl einer solchen Kraft zu unterstützen.

Wir stehen unter einem riesigen Zeit- und Arbeitsdruck- und das ist gut so !

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Im Jahr 2008/2009 haben wir die Gründung des Gebäudemanagements der Stadt Kleve (GSK), zunächst als intern abzugrenzende Organisationseinheit der Verwaltung, beschlossen.

Die Arbeitsergebnisse des Gebäudemanagements jedoch sind auch unseres Erachtens noch verbesserungsfähig.

Den in der aktuell vorliegenden Organisationsuntersuchung ausgesprochenen, Handlungsempfehlungen sollte die Verwaltung nicht nur eine hohe Priorität einräumen, sondern sie auch kurzfristig umsetzen.

Nur dann wird es gelingen, die anstehenden Sanierungs- und Erweiterungsbauten des städtischen Immobilienbesitzes nicht nur fachlich sondern auch zeitlich angemessen und wirtschaftlich umzusetzen.

Hier seien die aus unserer Sicht wichtigsten Projekte der nächsten Jahre genannt:

·    Zügige Fortsetzung der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen der
     jetzigen Ganztagsrealschule Hoffmannallee und der zukünftigen
     Gesamtschule Kleve

·    Sanierung des Schulzentrums in Kellen

·    Sanierung des ehemaligen Johanna Sebus Gymnasiums

·    Baldige Fertigstellung des Museumserweiterungsbaus

·    Sanierung des Rathauses

·    Abschluss der Sanierungsmaßnahmen des Freiherr vom Stein Gymnasiums

Jetzt, nachdem die Richtung der Schulentwicklung entschieden ist, erwarten wir spätestens zum Nachtragshaushalt 2012 von der Verwaltung und dem Gebäudemanagement entsprechende Beschlussvorlagen.

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Vom einstimmigen Beschluss des Rates „Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts“ bis zur Fertigstellung des Konzeptes hat es sechs Jahre gedauert.

Wenn der Rat der Stadt Kleve einen einstimmigen Beschluss fasst, dann, meine Damen und Herren der Verwaltung, gehen Sie bitte davon aus, dass wir als gewählte Vertreter der Bevölkerung die Umsetzung des Beschlusses auch von Ihnen erwarten.

Das Radverkehrskonzept empfiehlt ein „Klotzen statt Kleckern“, da nur so der mit dem Grundgedanken des Radverkehrskonzepts einhergehende „Paradigmenwechsel in der Mobilitätsgesellschaft“ zu schaffen ist.

Im Haushalt 2012 sind 50.000,-€ für die Umsetzung des Radverkehrskonzepts eingestellt.

Wir erwarten nunmehr von der Verwaltung für den nächsten Umwelt- und Verkehrsausschuss einen konkreten Maßnahmenkatalog 2012 mit verbindlichen Zeitangaben des jeweiligen Umsetzungsabschlusses. Der soeben terminierte erste Umwelt- und Verkehrsausschuss am 10. Mai 2012 ist uns allerdings viel zu spät.

Wir behalten uns ausdrücklich vor, die nicht verbrauchten Haushaltsmittel 2011 im Rahmen des Nachtragshaushaltes 2012 erneut einzustellen.

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Mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans beginnt eine weitere Etappe der Zukunftsplanung von Kleve.

Wieder hat soeben der Dialog zwischen Planern, Verwaltung und Bevölkerung begonnen. Wieder möchten wir die Bevölkerung rechtzeitig, gleich zu Beginn, in den Planungsprozess einbinden.

Von der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans erwarten wir auch ein Mobilitätskonzept für Kleve, das eine zukunftsweisende Straßen- Verkehrsplanung beinhaltet.
Aus unserer Sicht muss dieses Verkehrskonzept mindestens folgende Dinge enthalten:

·    Ausbau des Klever Rings für alle Kleve umfahrenden Verkehre.
     In die Innenstadt kommen nur noch Zielverkehre. Ein „Queren und
     Durchfahren“ des Innenstadtbereichs soll „unattraktiv“ gemacht werden.

·    Ein Parkleitsystem auf dem Klever Ring, das die Verkehre zielgenau zu den
     entsprechenden  Parkflächen führt.

Um diese Teilziele zu erreichen, muss die B220n an den Klever Ring angebunden werden. Dies gilt ebenso für die B57 von Kalkar kommend. Auch hier müssen die Verkehre auf den Klever Ring geführt werden

Weitere Eckpunkte sollte die zukünftige Flächennutzungsplanung aus unserer Sicht beinhalten:

·    „Innen wohnen, außen schonen“ – die derzeitigen Bebauungsgrenzen
      sollten beibehalten werden
·     Ausweisung von Denkmalbereichen

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Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zur Rathaussanierung:

Hier hätten wir uns gewünscht, dass wir schon weiter wären. Eigentlich sind ja unsere Entscheidungen im Rat alle gefallen.

Wir betrachten es als ausgesprochen bedauerlich, dass der unterlegene Bewerber, ausgerechnet ein Klever Unternehmer, nun alle juristischen Register zieht, um die Entscheidung des Rates doch noch zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Wir gehen davon aus, dass der Beschluss des Rates Bestand hat und letztendlich nur eine lästige, kostentreibende Verzögerung dabei herauskommt.

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Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Kämmerer der Stadt Kleve in seiner Haushaltrede in seiner Auflistung der für Kleve wichtige Themen „Energiepolitische Entscheidungen zu Fragen der regionalen Energieproduktion unter dem Gesichtspunkt der regionalen Wertschöpfung“ aufgenommen hat.

Er nimmt damit die von B90/Die Grünen schon 2009/10 – übrigens vom Rat auch einstimmig beschlossenen- Prüfauftrag an die Stadtwerke Kleve regionale Energiegewinnungskonzepte zu erarbeiten, auf.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Richtung stimmt, aber das Tempo ist uns, ehrlich gesagt, zu zaghaft.

Das „Volkswindrad“ hat es zwar schon zweimal auf die Titelseite der Lokalausgaben geschafft, aber konkrete Taten fehlen noch.

·    Die vor Jahren mit Kranenburg beschlossene Absicht, gemeinsame
     Konzentrationszonen für Windräder zu entwickeln, kommt nicht wirklich zum
     Tragen und wir können kaum nachvollziehen, dass das Finden geeigneter     
      Flächen so zeitaufwendig sein muss.

·    Auch das Engagement der Stadtwerke Kleve sich im Rahmen von
     „Contracting-Verträgen“ und „kleineren Blockheizkraftwerken“ verstärkt und
    offensiv in die dringend notwendige regionale Energiewende einzubringen,
    ist ausbaufähig.

Der zurzeit „gute Lauf“ von Kleve, die Tatsache, dass wir im Moment ein gutes privates und öffentliches Investitionsklima in Kleve verspüren, sollte uns mutiger machen, die Energiewende in Kleve auch tatsächlich umzusetzen.

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Unsere Anmerkungen zum Haushalt 2012 werden keine „Knechtschaft durch Überfluss“ bewirken-

Eine Vielzahl der städtischen Immobilien sind jedoch in den vergangenen 20-30 Jahren aus Sparsamkeit nicht renoviert oder saniert worden.
Diesen Rückstand holen wir in den letzten 6 Jahren zunehmend auf.

Wenn wir auf der einen Seite die Infrastruktur unserer Stadt so nachhaltig verbessern und damit immer attraktiver für gewerbliche und private Investoren werden, ist die moderate Angleichung unserer Steuersätze an die fiktiven Hebesätze des Landes NRW gerechtfertigt.

In Zeiten, in denen die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise von 2008 noch nicht abgeklungen sind und die nächste Wirtschaftskrise im Euroland sich schon ankündigt ist der Haushalt 2012 der Stadt Kleve ausgeglichen.

Der Haushalt 2012 ist aber nur deshalb ausgeglichen, weil die rot-grüne Landesregierung NRW die Signale der Kommunen verstanden hat.

Die Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes berücksichtigt nun signifikanter die kommunalen Lasten der sozialen Sicherung der Bevölkerung.

In Kleve leben ca. 17% der Kreisbevölkerung, aber 24% der Grundsicherungs-empfänger aus dem Kreis Kleve.

Die nun um 9 Mio. erhöhten Schlüsselzuweisungen sind die adäquate Antwort. Die Klagen der umliegenden Gemeinden sind zwar verständlich, aber aus unserer Sicht unbegründet.

Der Kämmerer hat völlig Recht, wenn er sagt, dass es immer nur ein kleiner Schritt ist zwischen einem „ausgeglichen Haushalt und einem Haushalt mit Schieflage“.

Wenn die rot-grüne Landesregierung diese Reform der Gemeindefinanzierung nicht getroffen hätte, hätten wir schmerzliche Einschnitte beschließen müssen.

Wir, die Fraktion B90/ Die Grünen im Rat der Stadt Kleve stimmen  dem Entwurf der Haushaltssatzung 2012 zu.

Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion bei der gesamten Verwaltung der Stadt Kleve für die gute Zusammenarbeit in den letzten 12 Monaten .

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Siegbert Garisch
Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Kleve

15.12.2011