Haushaltsrede 2014

Lesen Sie nun unsere Haushaltsrede für das Jahr 2014!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrter Herr Haas, sehr geehrter Herr Rauer,

sehr geehrte Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Stadtverordneten,

liebe Bürger und Bürgerinnen!

Haushaltssatzungen lesen sich beinahe wie eine Bibel in hebräischer Orginalsprache. Man muss sie übersetzen und auslegen, um eventuelle Fehler und Chancen zu verstehen. Haushaltssatzungen aber sind kein ´Gotteswort´, sondern z.T. fiktive Berechnungen, die einen Ist-Zustand angeben und weitere Möglichkeiten aufzeigen.

Lassen Sie mich deshalb einführend ein paar detaillierte Bemerkungen machen (1), in einem zweiten Schritt stelle ich Ideen zu strukturellen Sparmaßnahmen vor (2), um abschließend ein paar stadtplanerische Perspektiven aufzuzeigen (3).

  1. Details oder Exegese

Wie schon im letzten Jahr fordern wir eine frühere und damit größere Transparenz der Haushaltssatzung, was die Einzelposten der Produkte betrifft. Eine diesbezügliche Aufklärung passiert nach dem Austeilen der Haushaltssatzung in den Fachausschüssen, die erwarten wir dementsprechend vor unseren Haushaltsberatungen. Stadtverordnete und BürgerInnen sollen schnell erkennen können, dass von den 3000 gewerbepflichtigen Betrieben nur knapp 1/3 überhaupt Gewerbesteuern bezahlen. BürgerInnen sollen wissen, dass 1 Kind pro Jahr in städtischen Einrichtungen 5.500 € kostet. BürgerInnen müssen wissen, dass die Ausleihe eines Buches die Stadt 3,95 € kostet. Stadtverordnete wollen sehen, welche Zuschüsse an welche Vereine gehen, anders können wir unserer Kontrollpflicht nicht gerecht werden.

Danke übrigens dafür, dass die Ziel- und Maßnahmenplanung aus dem Stadtentwicklungskonzept nun im Haushaltsentwurf aufgelistet ist! Auch ist der Haushaltssatzung zu entnehmen, dass die Flüchtlingszahlen kontinuierlich steigen, dass aber der Stellenumfang mit 1,27 Stellen geblieben ist. Dank eines Antrages unserer Fraktion und kooperativen Vorgesprächen mit der Verwaltung gibt es nun im Jahr 2015 eine interne Stellenerhöhung.

  1. Strukturelle Sparmaßnahmen

Wie in seiner letzten als auch in seiner diesjährigen Haushaltsrede hat der Kämmerer von der Politik eine Prioritätenliste bzgl. Sparmaßnahmen angemahnt. Wegen der Kommunalwahlen ist dieser Auftrag liegen geblieben und auch die zahlreichen, im HA diskutierten Anträge haben uns diesem Ziel kein Stückchen näher gebracht. Zwar ist auch in Zeiten von Bürgermeisterwahlen niemand bereit, über Einschnitte zu beraten, aber als Grüne möchten wir an dieser Stelle doch unseren Vorschlag vom letzten Jahr wiederholen: lassen Sie uns eine Haushaltsstrukturkommission bilden, denn es muss doch zu schaffen sein, bei einem Haushalt von 118 Mill. eine Million zu sparen.

  • Stellen wir uns in einer solchen Kommission die richtigen Fragen, nicht die, ob wir bereit sind, jährlich 1,5 Mill. für´s Museum auszugeben, das ist für Grüne keine Frage, sondern die, ob wir andere Möglichkeiten finden, diese Leistung zu erbringen.

  • Fragen wir uns, ob wir bereit sind, 4,82 Stellen für den OSD, also 8.100 Stunden zu finanzieren, obwohl die Meldungen drastisch zurückgegangen sind (S.164). D.h. die Aktivitäten wurden weniger, aber der Stellenumfang ist geblieben. Da zahlt die Stadt zur Zeit 300.000 € drauf und das bei Nichterreichung der Zielsetzung.

  • Machen wir eine Bestandsaufnahme kostenloser Parkplätze in der Innenstadt, das kann uns weitere 50.000 € bringen.

  • Überlegen wir uns, ob der Rasenschnitt der Klever Grünanlagen immer so kurz sein muss wie jetzt, um die Kosten der USK zu senken.

Aber packen wir diese Sparmaßnahmen professionell an, im Blick auf´s Ganze und nicht wie die FDP, die den Klevern den lieb gewordenen City-Bus wegnehmen will. Wir müssen mit den BürgerInnen sparen und nicht gegen sie!

  • Denken wir über neue Formen der Refinanzierung nach, wie es andere Institutionen schon lange tun. Bündnis 90/Die Grünen werden im nächsten Jahr eine Aquise-Stelle für Drittmitteleinwerbung beantragen, die erst einmal 2 Jahre beim Kämmerer oder der zentralen Verwaltung stationiert wird. Hier geht es um die Bereiche Kultur, Sozialplanung, Städteplanung u.a. Das sind Quellen, die den Stadthaushalt entlasten.

  • Nimmt man den Verkauf des Sebus-Grundstückes dazu, hat man schon mit diesen Maßnahmen 1 Mill. gespart.

Bei den Schulen darf nicht gespart werden!

Die Stadt Kleve hat in diesem Jahr und für die Zukunft fast 34 Mill. für die Sanierung und den Neubau von Schulen in den Haushalt gestellt. Das ist eine beträchtliche Summe, die auch nicht zur Disposition steht. D.h. aber nicht, dass man bei der Schulsanierung nicht auch über Kosten reden muss.

Auch wenn unser Prüfantrag vom Sommer diesen Jahres, zusammen mit der CDU hauptsächlich von dem Interesse geleitet war, endlich pädagogisch wertvolle und sichere Standorte für Gesamt-, Sekundarschule und KAG zu bekommen und SchülerInnen und LehrerInnen keinen Baulärm zumuten zu müssen, hatte dieser Vorschlag natürlich auch einen finanziellen Aspekt:

Die Gesamtschule an der Frede-Schule, also an einem Standort zu errichten, ist Konsens. In der Haushaltssatzung stehen noch die alten Zahlen: 7,2 Mill. für die Sanierung, 7,2 Mill. für den Neubau Ackerstraße. In seiner Reaktion auf unseren Prüfantrag sprach Herr Mutz von 18,25 Mill. für den Standort Rindern. Das muss in den Nachtraghaushalt, ebenso wie eine Bauprojektplanung vorliegen muss, um dieses Projekt bis 2017 zu realisieren. Die Anstellung von 2 hauseigenen Architektinnen dient ebenfalls diesem Ziel. Wir werben dafür, diese Anträge heute mit zu unterstützen.

Zum KAG hat der Prüfantrag ergeben, dass ein Erweiterungsneubau an die Kisters-Realschule zu teuer ist. Doch über welche Alternative entscheiden wir? Es macht einen Unterschied, ob wir das KAG für 8 oder 12 Mill. sanieren. Das haben wir trotz zweier Schulausschusssitzungen noch nicht diskutiert, was ja vielleicht heute mal möglich ist. Im Dorn-Overbeck-Gutachten ist von 10 Mill. die Rede, im Garbe-Gutachten wird ein Teilabriss empfohlen. Lohnt sich die Sanierung nur, wenn noch eine Zusatznutzung in das Gebäude kommt und wenn ja, welche? Der Verlagerungsvorschlag des Kämmerers „Volkshochschule, Stadtbücherei oder Theater ans KAG zu bringen“, zeigt, was Sache ist, wenn man einer Sanierung zustimmt. Hier im Falle eines Neubaus an die Realschule in Kellen von der „Vernichtung von städtischem Vermögen von 9,3 Mill.“ zu sprechen, ist so lange unangemessen, solange man den Preis der Alternative nicht kennt. Was kostet die Sanierung des KAG und in welchem Umfang soll saniert werden? Nimmt man noch den Umstand hinzu, dass man angesichts der momentanen variationsreichen Schulangebote in Kleve (neue Gesamtschule, spezielle Abiturklassen am Berufskolleg) nicht unbedingt von einer stabilen Situation zweier Gymnasien ausgehen kann sowie der Absicht der Landesregierung, die Realschulen langfristig abzubauen, muss man zumindest im Rat eine tragfähige Lösung diskutieren und nicht eine Lösung vermeiden. Unsere Fraktion hat immer gesagt, dass wir den Willen der Betroffenen akzeptieren, aber als Stadtverordnete haben wir auch die Pflicht, über die Kosten zu diskutieren. Und wenn das nicht im Schulausschuss möglich ist, muss das eben in der letzten Ratssitzung dieses Jahres passieren.

  1. Die Seele der Stadt Kleve oder städteplanerische Perspektiven

Die meiste Kraft und Zeit haben in diesem Jahr neben den Schulen die Stadtgestaltung und Bauen und Verkehr gekostet. Seit kurzem können wir Stadtgestaltung unter ästhetischen Gesichtspunkten auch im Kulturausschuss diskutieren. Die Gestaltungssatzung und das integrierte Handlungskonzept fangen an zu greifen. Wir haben eine Veränderungssperre über das Gebiet um die Bergstraße gelegt, so dass wir eine großklotzige Bebauung verhindern konnten wie auch 5 Fertiggaragen in der Bergstraße. An der Nassauer Allee, der Einfahrtsstraße nach Kleve wird Ähnliches nötig sein, um sich über das ‚Gesicht‘ Kleves an dieser Stelle zu verständigen. Für die Welbershöhe gilt gleiches. Veränderungssperren sind kurzfristige Maßnahmen der Politik, Bebauungspläne über Gebiete zu legen sind langfristige Maßnahmen, um den Charakter von bestehenden Wohngebieten zu erhalten (Bergstr./ Welbershöhe) oder einen Mix von Villen, Wohnblocks und Bungalows (Nassauer Allee) in eine organische Form zu bringen. Die Politik muss da Bedingungen stellen, auch wenn das Investoren und Architekten verärgert. Wir sind dafür gewählt, das Gesamtbild der Stadt und Ortsteile im Blick zu haben. Damit verlangen wir Mehrarbeit von der Verwaltung, das wissen wir und für die Geduld danken wir!

Verkehrspolitisch müssen wir endlich einen Paradigmenwechsel hinbekommen, der alle Verkehrsteilnehmenden im Auge hat und nicht nur die Autos. Das ist bei der Römerstraße immer noch nicht gelungen. Unser Antrag vom letzten Jahr, eine verkehrsgünstigere Lösung für alle VerkehrsteilnehmerInnen zu schaffen, ist mit der heute zu entscheidenden Drucksache immer noch nicht erfüllt.

Schlussbemerkung

Dank eines Literaturtipps unserer Stadtmarketing Chefin habe ich eine stadtsoziologische Abhandlung über die Seele Mannheims geleseni. Als Theologin ist mir der Begriff ´Seele´ vertraut, als Stadtverordnete übersetze ich die Leitfrage dieses Buches auf meine Stadt: Hat Kleve etwas Eigenes, etwas Charakteristisches. Hat Kleve einen eigenen Geschmack, einen typischen Geruch, eben eine eigenständige Identität?

Als Klevophile Bürgerin antworte ich: Kleve hat einen interessanten Mix von alter und Nachkriegsmoderner Bausubstanz. Kleve hat ein reichhaltiges Kulturangebot von Museen und freien Kulturinitiativen. Kleve kennt ein unglaubliches Bürgerengagement! BürgerInnen wollen mitreden, wenn es um die Gestaltung der Mitten und der Achsen geht. BürgerInnen tafeln mit denen, die niemand an den Tisch ruft. Kleve hat schnuckelige kleine Ortsteile wie Griethausen, Kleve hat schöne kleine Läden, die zum Bummeln einladen. Kleve schmeckt und is(s)t immer internationaler, dank der Hochschule, der NiederländerInnen und der Flüchtlinge. In Kleve kann man von jedem Stadtteil aus im Grünen joggen! Kleve hat großzügige Gewerbegebiete! Kleve hat ein reichhaltiges Kinoangebot!

Was Kleve braucht, sind lebendige öffentliche Räume und architektonische Highlights, jenseits von Klinker. Die Schwanenburg sollte das historische Wahrzeichen bleiben, Burgkopien brauchen wir nicht! Die Hochschule der Maßstab für Modernität! Für’s neue Jahr wünsche ich mir weniger ´geschmacksbefreite´ Planungen und aufregende moderne Architektur und eine kreative Zusammenarbeit im Rat.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Unter folgendem Link finden Sie unsere Haushaltsrede als pdf-Datei.

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