Kursverfall der RWE-Aktien: Grüne kristisieren Auswirkungen auf den Finanzhaushalt des Kreises Kleve

Die bisherige Strategie des Landrates, trotz Kursverfall der RWE-Aktien keine Korekturen am Haushalt vorzunehmen ist gescheitert. Wie die Grünen in Erfahrung bebracht haben, besteht nun eine Verpflichtung zur Kursberichtigung.

 
Nicht immer glücklich in den letzten Jahren: Der energiepolitische Kurs der RWE – Pressefoto der RWE: Kraftwerk Weisweiler

Die Grüne Kreistagsfraktion hat einen aktuellen Artikel der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" zum Anlass genommen und an den Landrat eine Anfrage zu richten. Es geht um die Bewertung der im Besitz des Kreises befindlichen fast zwei Millionen RWE-Aktien. Der Kreis bewertet die Aktien noch immer mit einem Wert von 67,90 €/Aktie. Der aktuelle Börsenkurs der RWE-Aktie liegt z.Z. bei ca. 27,00 €. Bei 1,8 Millionen Millionen Aktien sicher keine geringe Differenz.
 
Die Anfrage ist insofern von besonderer Brisanz, weil nach Auffassung der Grünen Kreistagsfraktion eine Korrektur der Bewertung der RWE-Aktien erhebliche Auswirkungen auf den Kreishaushalt nach sich ziehen wird. Nach Informationen der Grünen muss die bisherige Strategie des Landrates, keine Korrekturen vorzunehmen, als gescheitert angesehen werden. Der Kreis wird dann gezwungen sein, spätestens beim Jahresabschluss 2013  eine Aktualisierung der Aktienwerte vorzunehmen. (siehe Anlage Wirtschaftswoche Nr. 16 vom 14.4.2014).
Anbei dokumentieren wir die Anfrage der Grünen Kreistagsfraktion im Wortlaut.
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Die Anfrage der Grünen zu den Auswirkungen des Kursverfalls auf die Kreisfinanzen

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Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Kleve

An den
Landrat des Kreises Kleve
Herrn Wolfgang Spreen

im Hause
                                                                                                                     Kleve, den 29. April 2014
Anfrage
Bewertung der RWE-Aktien im Besitz des Kreises Kleve

Sehr geehrter Herr Spreen,
In den vergangenen Jahren hat die vom RWE-Konzern jährlich ausgezahlte Dividende zu erheblichen Einnahmen für den Kreis Kleve geführt und damit zur Finanzierung des Haushaltes nicht unwesentlich beigetragen. Auf Grund einer verfehlten Konzernpolitik, die sich vor allem durch das Festhalten an einem Geschäftsmodell mit Atom- und Kohlekraftwerken ausdrückt, verlieren die Aktien von RWE jedoch rapide an Wert. Innerhalb weniger Jahre, ist der Kurs der RWE-Aktie auf ein Drittel des ursprünglichen Wertes gesunken.
Weiterhin ist eine Korrektur der Bewertung des Aktienpaketes in vielen Städten und Kreisen in NRW bereits vorgenommen worden. Im Kreis Kleve ist dies nicht der Fall. Dazu heißt es u.a. im beigefügtem Artikel der „Wirtschaftswoche“ Nr. 16 vom 14.4.2014:
„Einzig der Kreis Kleve, mit knapp 2 Mio. Aktien kein unbedeutender Anteilseigner, verweigert bisher die Anpassung. Die Papiere stehen mit 67,90 € in der Bilanz – „und darüber wird aktuell auch nicht diskutiert“, so eine Kreissprecherin.“
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN bittet um Beantwortung folgender Fragen zu den RWE-Aktien im Besitz des Kreises Kleve:

  1. Warum wird im Kreis Kleve keine Wertberichtigung der RWE Aktien vorgenommen?
  2. Welche Auswirkungen hätte eine Wertberichtigung auf den Kreishaushalt und die Kreisumlage?
  3. Aus beigefügtem  Artikel geht hervor, dass eine Korrektur der Bewertung bei Jahresabschluss 2013 Pflicht wird. Der Kreis Kleve wird dann auch eine Korrektur vornehmen müssen. Wann wird der Jahresabschluss 2013 vorliegen?

Mit freundlichem Gruß
gez. Ute Sickelmann                          i.A. Norbert Panek
Fraktionsvorsitzende                          Fraktionsgeschäftsführer

Kopie an: CDU-Fraktion, SPD-Fraktion, FDP-Fraktion, Fraktion Alternative Linke
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Infos:

"Im Absturz vereint" – Artikel der Wirtschaftswoche vom 16.04.2014

Opens external link in new windowRWE-Gewinn: Minus 15,5 Prozent – RP-Artikel über die aktuelle Situation bei RWE

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Der Landrat antwortet

Download: Hier finden sie die Antwort der Kreisverwaltung zu unserer Anfrage.
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Stellungnahme der grünen Kreistagsfraktion:

Im Gegensatz zur Auffassung der Wirtschaftswoche sieht der Landrat des Kreis Kleve keine rechtlich zwingende Notwenigkeit, die Kurse der RWE zu berichtigen. Dabei beruft sich der Kreis auf einen Ermessensspielraum, den der Gesetzgeber den kommunalen Gliederungen in seinem Handeln und seinem Finanzgebaren einräume.
Der Kreis Kleve steht mit seiner Weigerung, die RWE-Kuse zeitnah zu aktualisieren, in NRW allein. Alle anderen Kommunen und Kreise haben in den letzten Jahren Wertberichtigungen ihres Aktienbesitzes vorgenommen.
Die Stellungnahme des Kreises Kleve fußt auf der Annahme, die Kursentwicklung der RWE sei keineswegs dauerhaft. 
Dabei stellt sich die Frage, warum ausgerechnet der Kreis Kleve zu dieser spezifischen Bewertung des RWE-Kurses kommt. Die optimistische Auffassung des Kreises ist durch die langfristige Kursentwicklung nicht zu belegen. Es handelt sich eben nicht um kurzfristige Ausschläge.

Grafik: Entwicklung der RWE-Aktien

Keine dauernde Wertminderung der RWE-Aktien?

Zu obigem Thema schreibt unser Mitglied Dr. Helmut Prior:
Die grafische Darstellung zum Kurs der RWE-Aktie konterkariert die Stellungnahmen des Kreises. Es zeigt sich deutlich, dass die aktuelle Bewertung einem historischen Hochstand entspricht, der eher eine Ausnahme darstellen dürfte. Im langfristigen Trend hat sich der Kurs seit mehr als fünf Jahren nach unten entwickelt, und das im scharfen Gegensatz zur allgemeinen Kursentwicklung (s. Vergleichsgrafik DAX). Der Kurs von etwa 30 Euro oder weniger ist seit über zwei Jahren absolut stabil. Von kurzfristigen Ausschlägen kann also keine Rede sein.
Es besteht also Begründungsbedarf in zwei Punkten:
1. Warum weicht man von fast allen anderen Kreisen und Kommunen in der Bewertung ab? Was sind die Quellen bzw. die Rechtfertigung für die ohne Angabe besonderer Gründe völlig unrealistische Bewertung?
2. Wie kommt man dazu, einen seit mehr als zwei Jahren gleichbleibend niedrigen Kurs als vorübergehenden Ausschlag einzustufen? Welche
Expertise liegt dem zugrunde?
Dr. Helmut Prior, Grüne Fraktion im Kreistag Kleve

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