CDU zögert bei der Bahnverbindung

Kleve – Nimwegen soll reaktiviert werden: Da sind sich so gut wie alle Beteiligten einig. Die Kreis-CDU will das Projekt deutlich vergrößern. Bis zur Unmachbarkeit?


Nach einer aktuellen NRZ-Umfrage: Überwältigende Mehrheit für die Reaktivierung der Bahnstrecke in die Niederlande – Grafik NRZ vom 25.02.2012

Die CDU im Kreistag mauert

Kleve – Nimwegen soll reaktiviert werden: Da sind sich so gut wie alle Beteiligten einig. Die Kreis-CDU will das Projekt deutlich vergrößern. Bis zur Unmachbarkeit?
Ein Zug soll kommen: Mit 74 Prozent der Befragten erfährt die Verbindung Kleve – Nimwegen im NRZ-Bürgerbarometer eine überdeutliche Zustimmung bei den Klevern. Die Strecke ist seit Jahren im Gespräch, die Schienen liegen zum allergrößten Teil noch – und inzwischen gibt es aus sämtlichen vier betroffenen Gemeinden (Kleve, Kranenburg, Groesbeek, Nimwegen) Beschlüsse für den Zugverkehr über die Grenze. Selbst der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), für eine solche Regionalverbindung zuständig, sagt nun im NRZ-Gespräch: „Wir wollen diese Verbindung. Mit dem erwarteten Fahrgastaufkommen rechnet es sich.“
Ein Gutachten mit entsprechend positiven Prognosen, die Sintropher-Studie, war bereits 2011 vorgelegt worden. Und die inzwischen fertig gestellte Hochschule Rhein-Waal, das betont auch FDP-Kreisfraktionschef Dietmar Gorißen, dürfte den Bedarf sogar noch gesteigert haben. VRR-Unternehmenssprecher Johannes Bachteler sagt, spürbar verwundert: „Die örtlichen Player sind sich leider noch nicht einig. Wir haben derzeit keine Möglichkeit, den Prozess weiter zu treiben.“
Es hakt an der Finanzierung – und der bisherigen Blockade der CDU im Kreistag, sagt unisono die hiesige Opposition.

VRR möchte die Strecke betreiben

Denn ein gemeinsamer Antrag aller anderen Fraktionen liegt bereits auf dem Tisch, schildern Ute Sickelmann (Grüne), Roland Katzy (SPD) und Gorißen. „Der ist nach Vorbild des Klever Beschlusses gefasst und sieht auch vor, sich um vorhandene Interreg-Fördermittel zu bewerben“, so Katzy. Ziel sei es, beim Kreis ein Projektbüro zu gründen, das sich um die konkrete Planung kümmert. Welche Art von Zügen wird eingesetzt? Wie gelingt es, in Kleve hinter dem Schienenende über den Kreisverkehr zu kommen? Fragen, bei denen der Kreis mitgestalten kann, aber Geld in die Hand nehmen müsste. Dieses aber über Förderanträge zurückholen kann.

CDU will Flughafen anbinden

Ute Sickelmann betonte nach einem interfraktionellen Gespräch am vergangenen Donnerstag, bei dem der Durchbruch mit der CDU noch nicht gelang, diese habe „noch bis März“ Gegelenheit zum Umdenken. „Den Entwurf haben wir nun seit Wochen in der Schublade“, sagt sie. Auch Roland Katzy hofft noch auf eine gemeinsame Entscheidung, mit CDU: „Wir wollen die Einigkeit, damit wir das mit starker Stimme auf den Weg bringen können.“
Ulrike Ulrich (CDU) hält dagegen: „Aus Kreissicht geht uns eine Lösung allein für Kleve – Nimwegen nicht weit genug. Wir wollen auch darüber hinaus die Anbindung des Weezers Flughafens und Emmerich mit in die Überlegungen einbeziehen.“ Ihre Fraktion fühle sich „allen 16 Gemeinden verpflichtet“ und wolle die unterschiedlichen Interessen „nicht gegeneinander ausspielen“. Gorißen betont dagegen für die FDP: „Alles unter einen Hut zu bekommen ist nicht der Weg, der den schnellen Fortschritt bringt.“

Verbindung rechnet sich

Dabei ist für Emmerich eine Lösung bereits unterschriftsreif, wie der VRR betont. Das Unternehmen favorisiert für Kleve – Nimwegen bereits die Lösung, den Regionalexpress 10 in die Niederlande durchfahren zu lassen. Sprecher Bachteler: „Die Sintropher-Studie hat den volkswirtschaftlichen Nutzen dieser Variante gezeigt.“ Bei der Umsetzung eines Regionalexpresses sei vornehmlich das Land NRW finanziell eingebunden, während die Finanzierung einer Straßenbahn wohl beim Kreis hängen bliebe. Und: „Obwohl wir demnächst über Emmerich die Regionalbahn 35 in die Niederlande verlängern, rechnet sich eine eigene Lösung für Kleve. Ein Regionalexpress ist eine andere Zugklasse und über Kleve könnten wir den Bereich linker Niederrhein bis hinunter nach Krefeld bedienen, während die Strecke rechts des Rheins über Duisburg greift.“

 
Ein Vorreiter für die Bahnstrecke Kleve – Nimwegen: Andreas Mayer. Foto: Thorsten Lindekamp NRZ

Kleve: Brücke oder Unterführung

Allerdings wäre dann noch eine Lösung für den Kreisverkehr hinter dem Klever Bahnhof nötig, so Bachteler. „Schranken wären da nicht zulässig, es bräuchte eine Brücke oder Unterführung.“ Dem Kranenburger Grünen Andreas Mayer, Vordenker der Verbindung Kleve – Nimwegen, schwebt dagegen eine Kompromisslösung vor: mit einem Zug, der im städtischen Bereich als Straßenbahn fahren kann, aber dieselbetrieben von Strom unabhängig und auch zu hohem Tempo fähig ist. Solch ein Zug, bekannt geworden als „Karlsruher Modell“, kann auch Straßen kreuzen und sogar mitbenutzen.

VRR: „Wir sind interessiert“

Und sollte es tatsächlich an einer schnellen, einstimmigen Zustimmung des Kreistages hapern, „dann wird der eben außen vor gelassen“, sagt Mayer. Den Flughafen und Emmerich mit hinein zu nehmen, mache das Projekt so groß, dass es ganz zu scheitern drohe. Dann lieber alleine: „Wir wollen noch vor den Sommerferien eine Einladung zustande bekommen für die beteiligten Gemeinden, den VRR und das Land. Notfalls eben als Unabhängige ohne den Kreis.“ Beim VRR sagt Johannes Bachteler bereits: „Gegen einen Runden Tisch haben wir keine Vorbehalte, im Gegenteil: Wir sind interessiert.“

Von Julian Weimer  NRZ 25.02.2013
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KOMMENTAR

Jetzt oder nie!

Noch nie war die Situation so günstig, die Bahnstrecke Kleve-Nimwegen wieder in Betrieb zu nehmen. Alle beteiligten Gemeinden (Kleve, Kranenburg, Groesbeek und Nimwegen) haben ihre politischen Signale auf Grün gestellt. Sie wollen in der stark vernetzten Euregio einen grenzüberschreitenden Personen­nahverkehr auf der Schiene. Das ist vernünftig. Nimwegen macht Dampf, die Stadt möchte endlich eine Di­rektverbindung nach Düsseldorf. Und sogar der VRR betont zum erst­mals ganz deutlich: Ja, wir wollen die Strecke. Es lohnt sich."

Also – wo liegt das Problem? Bei den Kosten, natürlich. Aber diese müssten zum größten Teil von Düs­seldorf getragen werden. Und die Argumente sprechen zurzeit nur für den Kreis Kleve: Kleve hat eine Hochschule, der Grenzverkehr nimmt zu, die Kommunen sind da­für, in Düsseldorf gib es eine ÖPNV-freundliche Regierung. Das ist doch was. Dass die Kreis-CDU den Weezer Flughafen anbinden möchte, ist völ­lig illusorisch, ein Totschlagargu­ment für die Bahnstrecke Kleve-Nimwegen und eigentlich auch nicht ernst zu nehmen. Ein naiver Blick auf die Landkarte reicht ja schon aus, um zu sagen: unbezahlbar. Was steckt dahinter? Die B9neu, für die man ein Türchen offen halten möchte? a.gebbink@nrz.de

Von Andreas Gebbing, NRZ 25.02.2013

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