Erfolg: Landrat sagt ja zur Erhöhung der Unterkunftskosten bei Hartz-IV-Beziehern!

Am 19.06. hatten die Grünen im Kreistag Kleve den Landrat aufgefordert, bei der Berechnung der Unterkunftskosten höhere Mietrichtwerte zugrunde zu legen. Erfolgreich: Mit Datum vom 04.07.2012 gibt die Kreisverwaltung grünes Licht …


Mehr Geld für Hartz-IV-Bezieher
Die Grünen im Kreistag Kleve hatten am 19.06.2012 Landrat Spreen aufgefordert, Konsequenzen aus einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu ziehen. Sie erwarten finanzielle Vorteile für Hartz-IV-Bezieher zwischen 20 und 40 Euro pro Monat.

In seiner Antwort vom 04.07.2012 bestätigt der Landrat, dass der Kreis Kleve die Maßgaben des neuen Urteils umsetzen wird. Vorangegangene Bescheide an Hartz-IV-Bezieher werden vom Jobcenter des Kreises automatisch überprüft. Betroffene brauchen also nicht extra einen Antrag auf Neuberechnung stellen.
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Wir dokumentieren nachfolgend die Antwort des Landrates vom 04.07.2012

An Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag

Angemessenheit von Wohnfläche und Unterkunftskosten
Anfrage vom 19.06.2012

                                                                                                            04.07.2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre o.g. Anfrage beantworte ich wie folgt:

mit Verfügung vom 01.06.2012 habe ich die Städte und Gemeinden des Kreises Kleve angewiesen, ab sofort und für alle derzeit offenen Verfahren bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche die in Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen des Landes NRW festgesetzten Werte anzuwenden. Als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt ist eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen ist. Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die Wohnfläche um einen Raum oder 15 qm Wohnfläche.

Die nach den vorstehenden Kriterien ermittelte Wohnfläche ist für die Berechnung der Miete, der Betriebskosten und der Heizkosten zu berücksichtigen.

Gleichzeitig habe ich Entscheidungen des Bundessozialgerichtes zur Einführung der Bruttokaltmiete ausgeführt. Bei der Berechnung des Bedarfs für Unterkunft werden nicht mehr die tatsächlichen kalten Betriebskosten, sondern die sich aus dem Betriebskostenspiegel Nordrhein-Westfalen des Deutschen Mieterbundes ergebenden durchschnittlichen Betriebskosten (ohne Heizung und Warmwasser) berücksichtigt. Der zur Zeit gültige Betriebskostenspiegel
NRW 2011 weist den Betrag von 1,94 € je m2 aus. Mit der Veröffentlichung des Betriebskostenspiegels NRW 2012 rechne ich in den nächsten Monaten.

Die abstrakt angemessenen Kosten für Unterkunft berechnen sich zum Beispiel für eine Familie mit 2 Kindern in Kleve wie folgt:
Angemessene Wohnungsgröße für 4 Personen 95 m2
angemessene Wohnfläche x angemessener Mietpreis 95 m2 x 5,55 € = 527,25 €
zuzüglich abstrakte kalte Betriebskosten 95 m2 x 1,94 € = 184,30 €
= angemessene abstrakte Bruttokaltmiete = 711,55 €

Die Übernahme dieser Kosten ist unabhängig von der tatsächlichen Wohnungsgröße. Die Kosten werden übernommen auch wenn die Wohnung z.B. 80 m2 oder 120 m2 groß ist.
Neben der Bruttokaltmiete werden die tatsächlichen und angemessenen Heizkosten übernommen. Der Grenzwert für die Angemessenheit der Heizkosten wird auf Basis der nach o.g. Kriterien ermittelten Wohnfläche und dem bundesweiten Heizkostenspiegel berechnet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für Empfänger von Transferleistungen das untere, nicht jedoch das unterste Segment des Wohnungsmarktes in dem fürden Hilfebedürftigen maßgebenden räumlichen Vergleichsmaßstab zu Grunde zu legen. Zur Bildung des angemessenen Mietpreises sind somit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen heranzuziehen. Die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen Standard erfüllen.

Im Gegensatz zu den größeren Städten besteht im Kreis Kleve nur ein relativ geringer Anteil von Altbauwohnungen im Baualtersklassenbereich bis 1960. Der Schwerpunkt des Wohnungsangebotes im unteren Segment des Wohnungsmarktes liegt im Bereich der Baualtersklassen 1960 bis 1980.

Um Empfänger von Transferleistungen ein genügend großes Angebot an Wohnungen im unteren Segment des Wohnungsmarktes zu ermöglichen, erfolgt die Festsetzung des abstrakt angemessenen Mietpreises auf Basis der Richtwerte oder des Mittelwertes der Baualtersklassen bis 2009.

Wie in den internen Arbeitshinweisen SGB II – Kreis Kleve unter Ziffer 11.3.1.3 dargelegt, blei ben Baualtersklassen ab 2010 außer Betracht, weil es sich bei den Mietpreisen dieser Baualtersklasse um Richtwertempfehlungen handelt, die nach Auskunft des Gutachterausschusses für den Kreis Kleve in erster Linie auf fiktiven Werten basieren. Die erhebliche Preissteigerung zu der vorherigen Baualtersklasse erklärt sich aus dem finanziellen Mehraufwand aufgrund der
geänderten Bauvorschriften für diese Immobilien. Wohnungen dieser Baualtersklasse sind aus schließlich dem obersten Segment des Wohnungsmarktes zuzuordnen.

Mit Erlass vom 25.05.2012 hat das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales zur Rückwirkung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16.05.2012 wie folgt Stellung genommmen:
„… Zu den rechtlichen Konsequenzen für Leistungsfälle aus der Vergangenheit ist die Urteilsbegründung abzuwarten. Vor Ende Juni wird sie nicht vorliegen. Erst dann wird eine differenzierte Bewertung möglich sein … . Von dieser Bewertung werde ich Sie informieren."

Sobald mir der entsprechende Erlass vorliegt werde ich prüfen für welche Sachverhalte ggf. eine neue Entscheidung erforderlich ist und die in Betracht kommenden Leistungsfälle aufgreifen.

Mit freundlichen Grüßen

Spreen
(Landrat)

Hier finden Sie das Schreiben der Grünen an den Landrat vom 19.06.2012