Grüne fordern Konsequenzen aus dem Urteil des BSG zu Unterkunftskosten bei Hartz IV

Die Grünen im Kreistag haben Landrat Spreen aufgefordert, Konsequenzen aus einem aktuellen Urteil des BSG zu ziehen. Sie erwarten finanzielle Vorteile für Hartz-IV-Bezieher zwischen 20 und 40 Euro pro Monat.

Wir dokumentieren im folgenden das Schreiben der Grünen Kreistagsfraktion an den Landrat des Kreises Kleve.
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Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag des Kreises Kleve

                                                                                                  19.06.2012
An den
Landrat des Kreises Kleve
Herrn Wolfgang Spreen

im Hause
                                                                                                        
                                                                                  

Angemessenheit von Unterkunftskosten im Rahmen von HARTZ IV

Konsequenzen aus dem Urteil des BSG vom 16.05.2012

Sehr geehrter Herr Landrat Spreen,

das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Datum vom 16. Mai 2012 (B 4 AS 109/11 R) festgestellt, dass gemäß ständiger Rechtsprechung für die Angemessenheit der Unter-kunftskosten auf die landesrechtlichen Förderrichtlinien des WNB zurückzugreifen ist. In der Praxis bedeutet dies, dass gemäß der Bestimmungen zum WNB zur Bemessung der Angemessenheit der Wohnraumgröße in NRW qm für einen Single-Haushalt und für jede weitere Person 15 Quadratmeter gelten.

In den landesrechtlichen Bestimmungen wurden zum 1. Januar 2010 die angemessenen Wohnungsgrößen von 45 auf 50 qm erhöht.

Der Kreis Kleve hat aber, trotz anderer Rechtslage, mehrerer öffentlicher Aufforderungen
(u.a. durch den Verein Selbsthilfe – Verein für Sozialberatung – Schreiben vom 03.09.2011); an seiner rechtswidrigen Anweisungen an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden festgehalten. Das BSG hat in der genannten Entscheidung klargestellt, dass es sich hierbei nicht um eine „neue“ Rechtsprechung handelt, sondern dass der Sachverhalt klar sei und dass mit der Entscheidung vom 16.05.2012 eine lediglich bestehende Rechtsprechung bestätigt wurde.

Aus der BSG-Entscheidung ergeben sich für den Kreis Kleve folgende Konsequenzen:

1. Sofortige Anhebung der Angemessenheitsgrenze für Wohnkosten
Die Arbeitshilfe des Kreises Kleve zu den Kosten der Unterkunft und Heizung hat mit sofortiger Wirkung festzusetzen, dass die Angemessenheitsgrenzen von 45 qm auf 50 qm zuzüglich 15 qm für jede weiter in Bedarfsgemeinschaft lebende Person angehoben werden.

2. Entsprechende Anhebung der Angemessenheitsgrenze für die Betriebskosten

3. Entsprechende Anhebung der Angemessenheitsgrenze für Heizkosten
Alle seit 2010 ganz- oder teilweise abgelehnten Anträge auf Übernahme von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen sind von Amtswegen aufzugreifen und rückwirkend zu korrigieren.

4. Rückzahlung der zu gering gezahlten Unterkunftskosten für die Vergangenheit
Das BSG hat klargestellt, dass es sich bei der Entscheidung vom 16. Mai 2012 um bestehende, ständige Rechtsprechung handelt (Terminbericht des BSG vom 16. Mai unter Ziff. 5), und das der Bezug zu den Wohnraumnutzungsbestimmungen bereits mit Urteil vom 22.9.2009 (B 4 AS 70/08 R) entschieden wurde. Daraus ergibt sich, dass das die Jobcenter und Sozialämter die zu Unrecht nicht erbrachten Leistungen auch rückwirkend zu erbringen haben, auch wenn über den zum 01.04.2011 neu eingefügten § 116a SGB XII die Pflicht zur rückwirkenden Erbringung auf ein Jahr, ab Jahresbeginn beschränkt wurde.

Darüber hinaus fordert die Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Kreis Kleve auf, in allen Fällen, in denen im SGB II / SGB XII seit Jahren rechtswidrig zu geringe Leistungen für Unterkunft und Heizung gezahlt wurden, durch eine Korrektur von Amts wegen die zu Unrecht vorenthaltenen Leistungen nachzuzahlen.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN hat festgestellt, dass der Kreis Kleve in seiner Arbeitshilfe zum § 22 SGB II bei der Bestimmung der Richtwerte für angemessene Kosten der Unterkunft der Mittelwert unter Ausklammerung des Mietspiegels für die Baualtersklassen ab 2010 ermittelt. Dies führt zu verzerrten Ergebnissen, da Leistungsberechtigte bei der Suche nach geeigneten Wohnungen häufig auf Neubauwohnung zurückgreifen müssen, da andere Wohnungen in der Neuvermietung nicht vorhanden sind. Dies gilt insbesondere für den Nordkreis Kleve, da dieser Spitzenreiter in NRW bei der Erstellung neuer Wohnungen ist. Die Arbeitshilfe des Kreises Kleve enthält keine Begründung, wieso Wohnungen der Baualtersklasse ab 2010 keine Berücksichtigung bei der Richtwertermittlung finden. Dies wäre einem schlüssigen Konzept aber geschuldet.

Bitte setzen Sie unsere Fraktion in Kenntnis, wie Sie künftig in Bezug auf die dargelegten Sachverhalte verfahren werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez Ute Sickelmann                                         i.A.  Norbert Panek
Fraktionsvorsitzende                                       Fraktionsgeschäftsführer

Kopie an: CDU-Fraktion, SPD-Fraktion, FDP-Fraktion, Fraktion Alternative Linke

ERFOLG: Hier finden Sie die Antwort des Landrates vom 04.07.2012