Stadtspitze sauer auf Bauunternehmer Tönnissen

Stellt die Tatsachen auf den Kopf“
Die Reaktionen der Politik auf ein „internes Schreiben“ der Klever Stadtverwaltung fallen recht unterschiedlich aus. Vor allem die Fraktion der Grünen sehen die Verwaltung als Opfer eines komplizierten Verfahrens.

Die Firma Ten Brinke hat den Wettbewerb gewonnen, sanieren will aber die Firma Erich Tönnissen. – Rathaus-Foto: T. Velten

Stadt: „Stellt die Tatsachen auf den Kopf“

Als Reaktion auf das Interview von Herrn Smola, dem kaufmännischen Leiter der Baufirma Tönnissen, hat die Stadtverwaltung Kleve an die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Klever Rat folgendes Schreiben gesandt. Die RP dokumentiert den Brief in ihrer Ausgabe vom 17.03.2012.

„In der Ausgabe der Rheinischen Post vom 12.03.2012 hat sich Herr Smola geäußert. Dass dies vor dem Hintergrund eines laufenden Vergabeverfahrens geschieht, in dem sich die Beteiligten üblicherweise in Zurückhaltung üben, ist befremdlich und veranlasst die Stadt Kleve zu einer Klarstellung.

Die Stadt Kleve hat im Rahmen der Verhandlungen mit Herrn Smola nicht erkannt, dass diesem die Besonderheiten des vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens unbekannt waren und er entsprechende Hilfestellung durch einen erfahrenen Fachanwalt für Vergaberecht benötigte. Die Stadt Kleve konnte ihm diese Unterstützung nicht gewähren, ohne die Chancengleichheit der beiden Verhandlungspartner zu verletzen. Offenbar war es Herrn Smola entgangen, dass es allein ihm oblag, ein architektonisch, städtebaulich und wirtschaftlich angemessenes Angebot vorzulegen, das mit dem seines Mitbewerbers zumindest vergleichbar gewesen wäre.

Trotz etlicher Verhandlungsrunden ist es Herrn Smola nicht einmal gelungen, ein vollständiges Angebot vorzulegen, dass die Stadt Kleve ohne Hinzurechnung von kostenträchtigen Zusatzleistungen und einem Risiko von Nachtragszahlungen voraussichtlich in Millionenhöhe hätte annehmen können. Der Stadt Kleve vorzuwerfen, sie habe sein Angebot künstlich teuer gerechnet, stellt die Tatsachen auf den Kopf. Nicht ohne Grund hat die Stadt Kleve Herrn Smola darauf hingewiesen, dass das von ihm vorgelegte Angebot aus Rechtsgründen auszuschließen gewesen wäre. Möglicherweise hätten sich der Stadt Kleve Zweifel aufdrängen müssen, dass ihre Verhandlungspartner mit einem schwierigen Verhandlungsverfahren nicht vertraut waren. Hierfür hingegen allein die Stadt Kleve verantwortlich zu machen, wäre nicht gerechtfertigt, da zu erwarten gewesen wäre, dass Herr Smola auf diese Probleme hingewiesen hätte.

Die Vergabekammer hat das Vergabeverfahrens auf den Beginn der Verhandlungen zurückversetzt, um Herrn Smola noch einmal Gelegenheit zu geben, nunmehr offenbar unter Mitwirkung eines Fachanwaltes ein umfassendes Angebot vorzulegen. Herr Smola verschweigt hingegen, dass er mit weitergehenden Anträgen vor der Vergabekammer gescheitert ist. Er wird sich zeigen, ob es Herrn Smola gelingt, in einem zweiten Ansatz ein vollständiges und eindeutiges Angebot vorzulegen, das für die Stadt Kleve mit keinerlei Risiken verbunden ist und sich gegenüber dem Angebot seines Mitbieters durchsetzt.“

Freundliche Grüße i.A. Daniela Rennecke Stadt Kleve Büro des Bürgermeisters
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Zitiert nach der RP vom 17.03.2012

Die Reaktionen

Die Rheinische Post fragte bei der Politik nach, wie sie Form und Inhalt der Zeilen aus der Führungsetage des Rathauses bewertet.

CDU-Fraktionschef Udo Janssen will sich zum Inhalt des Schreibens nicht äußern: „Das ist eine Stellungnahme der Stadtverwaltung und nicht meine und deshalb muss ich das auch nicht kommentieren. Auf die Frage, ob es Sinn macht, diese Mitteilung zu verfassen, bin ich ebenfalls der falsche Ansprechpartner. Wichtig ist nur, dass wir das Verfahren zügig zu einem guten Ende führen.“

Für Alexander Frantz, Fraktionschef der Sozialdemokraten, sind die Zeilen aus der Verwaltung als Retourkutsche auf das Interview von Frank Smola zu verstehen. „Bei der doch mittlerweile sehr emotionalen Auseinandersetzung wäre es besser gewesen, das Schreiben wäre nicht an die Öffentlichkeit geraten. Die Rechtfertigung der Verwaltung ist aus meiner Sicht sicherlich nicht zielführend für das weitere Verfahren“, erklärt Frantz.

Nicht nachvollziehen kann Daniel Rütter, FDP-Fraktionschef, die Zeilen aus der kommunalen Zentrale: „Das ist peinlich. Sowohl der Stil, als auch der Inhalt. Ich weiß nicht, was das soll. Da will man sich an einen Tisch setzen und beschimpft den Gesprächspartner. Zudem sind die Ausführungen auch teilweise unverständlich.“

Mehr Verständnis für die Reaktion aus dem Rathaus kann Dr. Artur Leenders (Bündnis 90 / die Grünen) aufbringen. Für ihn ist die Verwaltung in dem gesamten Verfahren viel zu „nett“ mit der Bauunternehmung Tönnissen umgegangen. „Dieses Verhandlungsverfahren ist ein sehr kompliziertes. Wie dort seitens der Firma Tönnissen verfahren wird, kann ich nicht gutheißen. Da wird etwa das Angebot zunächst günstiger gehalten, um womöglich nachher Mehrkosten geltend zu machen. Zudem gibt es Hinweise, dass die Firma Tönnissen das Angebot des Mitbewerbers kannte und dementsprechend kalkulieren konnte.“

Für Leenders ist es dennoch nicht ausgeschlossen, dass die Klever Firma den Zuschlag für den Rathausbau bekommt: „Das Klima zwischen Verwaltung und Tönnissen beziehungsweise Herrn Smola ist zwar mittlerweile vergiftet, doch sind wir gehalten, den günstigsten Anbieter zu nehmen.“
Peter Janssen, RP 17.03.2012
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