„Du sollst leben!“ – Hitlerjunge Salomon alias Sally Perel auf Einladung der Grünen in Kleve 12. Februar 20129. Dezember 2021 Sally Perel erzählte auf der Wasserburg Rindern, wie er die Barbarei der Deutschen überlebt hat. Auch etliche Jugendliche waren da, um dem 86-jährigen zu lauschen. Perel. „Wie die Nazis jetzt sogar Leute umbringen, kann ich nicht fassen.“ Knapp 200 Zuhörer lauschten den ergreifenden Erzählungen Perels- Foto: Velten „Du sollst leben!" Mit so einem Besucherandrang hatten die Veranstalter gar nicht gerechnet. Der große Saal in der Heimvolkshochschule Wasserburg Rindern war vollständig gefüllt, als Sally Perel auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen und dem Verein „Nachbarn ohne Grenzen“ aus seinem Leben erzählte. Auch etliche Jugendliche waren da, um dem 86-jährigen Perel zu lauschen. Unter der Haut des Feindes Perel, 1925 in Peine geboren, hat den Nationalsozialismus aus zwei Perspektiven miterlebt: als Opfer, dessen Eltern und Verwandte in den Ghettos und Konzentrationslagern ums Leben kamen, und gleichzeitig getarnt in der Uniform des Hitlerjungen, der in jeder Sekunde fürchten musste, dass seine wirkliche Identität ans Tageslicht kommt.„Ich habe den Massenmord nicht unter meinen Glaubensbrüdern erlebt, sondern versteckt unter der Haut des Feindes“, erzählte Perel. Auf seiner Uniform und der seiner „Kameraden“ stand „Blut und Ehre“. Perel: „Aber unter der Uniform waren doch alle Menschen.“ Und das sei ja auch das Entscheidende: Ganz normale Menschen waren zu derartigen Verbrechen fähig. „Wo blieb die 2000 Jahre alte christliche Erziehung zur Menschenliebe?“, fragte Perel. „Auschwitz war der Selbstmord der deutschen Kultur.“ Eindringlich beschrieb Perel, wie tief ihn, den Juden in der Höhle des Löwen, die nationalsozialistische Erziehung beeinflusst hatte. „Ich war sogar ein wenig traurig, dass Deutschland den Krieg verloren hatte.“ Der Zwiespalt von Josef und Sally Noch heute sei der Hitlerjunge immer sehr lebhaft in ihm, zuweilen sogar dominant. „Ich will ihn nicht lieben, aber ich liebe ihn doch.“ Jahrzehntelang verdrängte Perel den Zwiespalt, in dem er den Nationalsozialismus überlebt hatte. Erst nach seiner Pensionierung verstand er: „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung.“ Seine Autobiographie „Hitlerjunge Salomon“ wurde ein Welterfolg, der darauf basierende Film ebenso. Oft ist er in israelischen, deutschen und polnischen Schulen zu Gast, damit die Schülerinnen und Schüler aus erster Hand erfahren können, wie schnell und mit welchen Konsequenzen eine Weltanschauung, die auf Hass gegründet ist, die Zivilisation umstürzen kann. Alptraum: Das Ghetto in Lodz Alpträume erinnern ihn noch heute daran, wie er in der Uniform des Hitlerjungen immer wieder das jüdische Ghetto in Lodz mit der Straßenbahn durchquerte. Dort herrschte Typhus, Leichen türmten sich, und irgendwo dort waren seine Eltern. Sein Vater hatte ihm zum Abschied gesagt: „Vergiss nicht, wer du bist!“ Seine Mutter: „Du sollst leben!“ Perel hat überlebt. Seine Geschichte ist eine eindringliche Mahnung. Perel: „Dass heute Jugendliche wieder dieselben Parolen brüllen wie die Nazis und jetzt sogar Leute umbringen, kann ich nicht fassen.“ Andreas Daams in der NRZ Kleve sowie der Internetseite Der Westen, 12.02.2012 Fotogalerie zu der Veranstaltung mit Sally Perel Eine ausführliche Fotodokumentation finden Sie hier 1,5 Stunden freier Vortrag, bei der man eine Stecknadel fallen hört: Sally Perel – Foto: Velten Christiane Bienemann berichtet auf der Internetseite "Lokalkompass" Die Ankündigung von Thomas Velten hatte uns neugierig gemacht. Der Buchautor und Zeitzeuge des dritten Reichs, Sally Perel, ist heute nach Kleve gekommen, um aus seinem bewegten Leben zu erzählen. Spontan machten wir uns also kurz vor 18 Uhr auf zur Wasserburg Rindern. Herr Perel traf schon kurz nach uns ein und es war überhaupt kein Problem, mein Exemplar des Romans „Hitlerjunge Salomon“ von ihm signieren zu lassen und ein Foto zu machen. Die Veranstaltung war gut besucht, es mussten sogar noch Stühle nachgeordert werden. Was mich an seinem Vortrag interessiert hat? Zum einen der Rückblick auf Deutschlands Vergangenheit. Die Leute, die diese schreckliche Zeit miterlebt haben, werden immer weniger und bald kann uns Nachgeborenen keiner mehr aus erster Hand davon berichten. Und davor warnen, all das zu verharmlosen. Andererseits habe ich mich schon vor Jahren beim Lesen des Buchs und auch immer mal wieder, wenn mir ein Bekannter von seiner Zeit vor Stalingrad erzählt hat, gefragt, wie ein Mensch diese unvorstellbaren Geschehnisse verarbeiten kann. Herr Perel machte auf mich von Anfang an einen ausgeglichenen, fast heiteren Eindruck. Er brachte uns zum Schmunzeln, als er sich aufgrund seiner Körpergröße kurzerhand auf den Tisch setzte, um sein gesamtes Publikum sehen zu können. Dann begann der 87-jährige, in freier Rede von seiner Zeit als Hitlerjunge Salomon zu erzählen. Über seine Kindheit in Deutschland, dem Land der Dichter und Denker. Dass seine Familie nach Polen auswanderte, wo der Krieg ihn wieder einholte. Dort kam es zu der Schlüsselszene, die seinen Überlebenswillen geprägt hat. „Du sollst leben!“ sagte die Mutter zu ihm, als seine Eltern die Söhne aus dem Ghetto von Lodz wegschickten. Und dieser eiserne Lebenswille hat ihn über Bombenhagel, die Zeit bei einem deutschen Regiment an der russischen Front und schließlich die vier Jahre in der HJ-Schule in Braunschweig überstehen lassen. Als Volksdeutschen, in dessen Identität er schlüpfte. Er berichtet aber genauso offen über die tiefen Wunden, die ihm dieses Doppelleben schlägt, ständig auf der Furcht vor Entdeckung, Enttarnung. Dass Gemeinschaftsduschen ebenso zum Problem wird wie der Rassenkunde-Unterricht. Dass Hitler „das Teufelchen“ in der deutschen Jugend zu wecken vermochte und sie zum Hass antrieb. Dass nur die Starken überleben sollten. Aber auch von echter Freundschaft eines Soldaten, der seine Beschneidung entdeckte und ihn nicht verriet. Und dass Sally mit der Zeit immer mehr zu einem Hitlerjungen wurde. Dass er später einige seiner damaligen Weggefährten mit der Wahrheit über sich konfrontierte, was zu ganz unterschiedlichen Reaktionen führte. Auch die anschließenden Fragen der Zuhörer waren zum größten Teil interessant. Warum die Alliierten nicht die Schienen zum Lager Auschwitz zerstörten, fragte jemand. Oder warum die Kirche nicht eindeutig Stellung bezogen hatte, so ein anderer. Ob er seinen Frieden mit Gott gemacht hat, der Auschwitz zugelassen hat. Sehr gut nachvollziehbar für mich, dass das Schreiben des Romans seine eigentliche Therapie gewesen sei, diese furchtbaren Jahre zu verarbeiten. Christiane Bienemann, Lokalkompass, 12.02.2012 Quelle : www.lokalkompass.de/kleve/kultur/du-sollst-leben-hitlerjunge-salomon-alias-sally-perel-zu-gast-auf-der-wasserburg-rindern-d135267.html Nach der Diskussion signierte Sally Perel seine Autobiografie – Foto: T: Velten Fotogalerie zu der Veranstaltung mit Sally Perel Eine ausführliche Fotodokumentation finden Sie hier
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