Erfolg für die Grünen: Kreis interveniert in Düsseldorf wegen des zunehmenden Gülleimports aus den Niederlanden 29. Juni 2011 Die Grünen im Kreistag haben nun auch die anderen Parteien überzeugt: Am 12. Mai hat der Kreistag den Landrat beauftragt, der Landesregierung in Düsseldorf die Sorge mitzuteilen, dass landwirtschaftliche Flächen und das Trinkwasser am Niederrhein durch die Ausbringung von Gülle aus den Niederlanden gefährdet werden könnten. Gefährdet durch übermäßigen Gülleeintrag: Böden und Trinkwasser am Niederrhein – Foto: T. Velten Der WDR und die Presse hatten ausführlich über die Thematik berichtet. Der Landrat hat nun mit Datum des 30.05.2011 die Landesregierung informiert und um Unterstützung gebeten. Wir dokumentieren den Brief hier im Wortlaut. Der Lanrat des Kreises Kleve An dieStaatskanzleides Landes Nordrhein-Westfalen Herrn Staatssekretär Lersch-MenseStadttor 1 40219Düsseldorf 30.05.2011 Import von Wirtschaftsdüngern aus den Niederlanden (Gülle u.a.) Regelungsdefizite und resultierender Handlungsbedarf zum Schutz von Böden und Grundwasser und von landwirtschaftlichen Betrieben im Kreis KleveSehr geehrter Herr Lersch-Mense, die im Kreistag vertretenen Parteien und die Verwaltung des Kreises Kleve fordern die Landesregierung auf, überregional geeignete Maßnahmen zur Eindämmung des Importes von Wirtschaftsdüngern – insbesondere Gülle – zu ergreifen, da die lokalen Akteure keine ausreichenden eigenen Regelungsmöglichkeiten haben. Aufgrund seiner gemeinsamen Grenze mit den Niederlanden und den daraus resultierenden geringen Transportentfernungen ist der Kreis Kleve seit Jahren direkt von den negativen Auswirkungen eines Überschusses von Wirtschaftsdüngern aus der industriellen Tiermast im niederländischen Grenzraum betroffen. Zu nennen ist – neben anderen Stoffen – vor allen Dingen Gülle. Es fehlt an rechtlich wirksamen Steuerungsmechanismen und grenzüberschreitend einheitlichen Rahmenbedingungen. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie legt Umweltqualitätsziele fest, die in bestimmten Fristen umgesetzt werden sollen. Für den Kreis Kleve dokumentieren die bisherigen Erhebungen, dass der Nährstoffgehalt des Grundwassers in dieser Frist wahrscheinlich nicht flächendeckend auf das Niveau des neuen EU-Zieles (50 mg/l) gebracht werden kann. Der bestehende Handlungsbedarf zum Schutz der Ressourcen Boden und Grundwasser und damit auch des Trinkwassers der Region erwächst in erster Linie jedoch nicht aus örtlichen, sondern überregional begründeten Defiziten, die einer Auflösung bedürfen. So ist grundsätzlich vorab festzustellen, dass bereits eine Diskrepanz zwischen den Regelungen der Düngeverordnung und den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Grundwasserschutz besteht, die über eine Beachtung der geltenden Düngevorschriften in agrarisch geprägten Regionen wie dem Kreis Kleve nach übereinstimmender Meinung der mit dem Thema befassten Fachleute wahrscheinlich nicht zu erreichen sein werden. Es ist schwer verständlich, dass die Beachtung eines Rechtsbereiches (Düngerecht) gleichzeitig zu Missständen im thematisch korrespondierenden Rechtsbereich (Wasserrecht, Grundwasser) führen kann, ohne dass regulierende Mechanismen vorgesehen sind. Letztere gibt es bislang – mit gutem Erfolg – nur innerhalb von Wasserschutzgebieten in Form der institutionalisierten Kooperationen zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft. Die Problematik verschärft sich für das Gebiet des Kreises Kleve durch überregional ungelöste Fragestellungen zum Import von Wirtschaftsdüngern aus den Niederlanden. Grundsätzlich kann eine ordnungsgemäße Düngung – solange kein Einfuhrverbot besteht – rechtskonform auch durch den Einsatz von Gülle erfolgen, welche aus den Niederlanden legal im-, portiert wird, da wirtschaftende Betriebe den Regeln (und Zwängen) des Marktes unterworfen sind: Faktisch erfolgt durch den Import insgesamt jedoch ein Verdrängungswettbewerb gegenüber heimischen Erzeugern von Gülle, da für die Abnahme niederländischer Gülle Prämien gezahlt werden. Heimische Betriebe, die theoretisch Nährstoffe an Nachbarbetriebe abgeben könnten, müssen dann – z.B. im Rahmen des Flächennachweises bei Betriebserweiterungen – den erheblich kostspieligeren Weg über Abnahmeverträge mit der Güllebörse nehmen. Da Gülle nicht wirtschaftlich über größere Entfernungen vertrieben werden kann, ist ein Export bis zur Köln-Aachener-Bucht, wo Nährstoffe gebraucht werden in der Regel nicht finanzierbar. Die Gülle bleibt dann in der Region. Der niederländische Entsorgungsdruck wird so auf die grenznahen deutschen Gebiete übertragen. Der Nährstoffimport und die Verteilung der Stoffe bis hin zu ihrer Aufbringung auf Flächen ist auf Grund unterschiedlichster Zuständigkeiten für Genehmigung und Überwachung kaum zusammenhängend überprüfbar, was zur Folge hat, dass auch illegalen Einfuhren praktisch keine wirksamen Verwaltungsinstrumente entgegengehalten werden können. Zur Verdeutlichung füge ich als Anlage eine Zusammenstellung der Zuständigkeiten der beteiligten Träger öffentlicher Belange bei. Darüber hinaus besteht nach dem Wegfall der abfallrechtlichen Notifizierungspflicht im Ergebnis1 nur noch ein veterinärrechtliches Genehmigungsbedürfnis für Importe von Nährstoffträgern. Zielrichtung und Kontrollmöglichkeiten des Veterinärrechts sind jedoch nicht den Erfordernissen der Themen Wasser oder Boden angepasst, die im Fokus der Erfordernisse zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie stehen (s.o.). Ein Handeln der Veterinärbehörden dürfte – nicht zuletzt aus personellen Gründen – allenfalls bei entsprechendem Seuchenverdacht in Frage kommen. Ist diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass es Anlagenkapazitäten für eine Vorbehandlung von Wirtschaftsdüngern, wie sie mit Erlass des MKULNV vom 08.11.2010 als Bedingung für eine Einfuhr aus den Niederlanden vorgeschrieben ist, nach hiesiger Erkenntnis dort noch nicht im notwendigen Umfang gibt. Der Export nach Deutschland dürfte daher in der Regel ohne Beachtung der Vorschrift erfolgen. Der gesamte Prozess wird maßgeblich auch von den unterschiedlichen Sperrfristenregelungen für die Aufbringung von Gülle beiderseits der Grenze beeinflusst. Während in Deutschland differenzierte Fristen bis längstens zum 01. November eines Jahres bestehen, um die Bearbeitbarkeit der Böden und die Nutzungsart der Flächen im Herbst berücksichtigen zu können, darf in den Niederlanden ab September keine Aufbringung mehr erfolgen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Extremfall noch etwa zwei Monate nach Ende der niederländischen Sperrfrist Gülle nach Deutschland exportiert werden muss, da in den Niederlanden weder ausreichende Flächen noch ersatzweise ausreichende Auffangräume zur Verfügung stehen.Zusammenfassend betrachtet sehen die Fraktionen des Kreistages und die Verwaltung des Kreises Kleve dringenden Handlungsbedarf zur Korrektur der beschriebenen Fehlentwicklungen. Wir bitten Sie, eine Homogenisierung der Rechtsbereiche Düngerecht und Wasserrecht bezüglich der Ressourcen Wasser und Boden zu prüfen und – unabhängig davon – kurzfristig geeignete Maßnahmen zur Eindämmung ungenehmigter Importe von Wirtschaftsdüngern zu ergreifen, wie etwa eine Harmonisierung der Sperrfristen, den Aufbau eines effektiven Kontrollsystems und die Bündelung der Zuständigkeiten. Mit freundlichen Grüßen Spreen
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