Stadtwerke Kleve: Wir sind Endlager!

Ein satirisches Schreiben mit dem Briefkopf der Klever Stadtwerke wirbelt mächtig Staub auf: Jeder Klever Bürger wird hier aufgefordert, zur ungelösten Frage der Endlagerung unseres Atommülls einen eigenen Beitrag zu leisten….


Wir dokumentieren hier den Beitrag von Olaf Plotke in seinem "Notizblog" im Kurier am Sonnntag:

Wir sind Endlager!

Da hat sich aber einer einen hübschen Spaß erlaubt: In den letzten Tagen sind zahlreichen Klevern seltsame Schreiben ins Haus geflattert, die den Anschein erweckten, sie wären von den Klever Stadtwerken. Darin wird behauptet, dass jeder Stromkunde nun bald einen eigenen Castor-Behälter bei sich zu Hause lagern müsste. "Wie Sie bestimmt wissen, gab es in Bezug auf die Kernenergie immer wieder leidige Diskussionen über bisher ungelöste Probleme mit der Endlagerung atomarer Abfälle", heißt es in dem Schreiben. Die würden nun eben mit dem so genannten personal castor system (PC) gelöst. Weiter: "Sie sind verpflichtet, den PC an geeigneter Stelle in Ihren Räumlichkeiten aufzubewahren und diesen testamentarisch an Ihre Erbberichtigten weiterzugeben." Na klar, das Ding strahlt ja auch gut und gerne 20.000 Jahre. Aber das sei nicht weiter tragisch, denn "während der gesamten Lagerperiode produziert Ihr PC bauartbedingt eine als behaglich empfundene Strahlungswärme, verbunden mit einem dezenten Leuchten in angenehmen warmen Farbtönen – und das ohne zusätzlich Energiekosten für Sie!"

Das satirische Schreiben:
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 Also ich persönlich hatte den kleinen PC (Kantenlänge 70 cm) schon irgendwie liebgewonnen. Leider lag kein Bild bei, aber ich stellte ihn mir als niedlichen kleinen Kasten vor, den man einfach gernhaben muss. Und einen Namen hatte ich auch schon für ihn gefunden: Marvin – wie der depressive Roboter aus "Per Anhalter durch die Galaxis".
Natürlich war das ganze Schreiben ein Scherz – es muss natürlich niemand von uns den Atommüll zu Hause lagern. Das machen wir ja bekanntlich wirklich vollkommen sicher in Eisenbahnwaggons, die wir lustig zwischen Frankreich und Deutschland hin und herfahren lassen. Getreu dem Motto "Eine Bahnfahrt, die ist lustig" stehen dann auch stets viele Menschen am Rand der Strecke, um das Endlager zu bestaunen. Das ist bekanntlich immer ein großes Hallo!

Für alle zum Schmunzeln hier nochmal das Schreiben in seiner ganzen Herrlichkeit (zum Vergrößern anklicken).
Ich habe natürlich sofort die in dem falschen Schreiben angegebene Telefonnummer der Stadtwerke angerufen. Ein freundlicher Mitarbeiter erklärte mir dann, was ich schon wusste, nämlich, dass das eine Fälschung sei. Interessant aber, dass wirklich viele Kunden bei den Stadtwerken anrufen und klarstellen, dass sie so einen süßen Strahle-Marvin nicht haben wollen.

Die Stadtwerke können über den Scherz übrigens nicht lachen und haben Strafanzeige gestellt. Da der Brief per Hand in die Briefkästen der Klever verteilt wurde, hofft man bei den Stadtwerken, dass irgendwer den "Scherzbold" beobachtet hat und man ihn so irgendwie schnappen kann.

Vermutlich muss man das so machen, wenn man betroffen ist. Ich muss aber gestehen, dass ich am Montag geschmunzelt habe, als ich den Brief gelesen habe. Ich denke auch, dass der Briefeschreiber, sollte er geschnappt werden, gute Chancen hat, frei gesprochen zu werden, wenn er das Ganze als Kunst-Aktion definiert. Denn die Briefe haben ja etwas staeckhaftes, also bedienen sich eines Kunstgriffs, den der weltberühmte deutsche Plakatkünstler Klaus Staeck auch oft verwendet hat. Der hat zum Beispiel mal dieses Plakat gemacht: "Wir verlassen uns fest auf Ihr schlechtes Gedächtnis. FDP" (Von 1982, aber irgendwie wieder aktuell).

Olaf  Plotke, 21. Juni 2011
Quelle: http://www.kurier-am-sonntag.de/cms/notizblog/3382-wir-sind-endlager-.html