Dioxin-Skandal erreicht den Kreis Kleve

Im Kreis Kleve hat das NRW-Umweltministerium zwei landwirtschaftliche Betriebe wegen des Verdachts auf Dioxin-Belastungen gesperrt. Bio-Landwirt Schnütgen: „Bio-Produkte werden besser kontolliert!“


Ein Ferkelzuchtbetrieb in Kevelaer ist vom Dioxin-Skandal betroffen. Foto: NRZ- ddp
„Das ist erst der Anfang“. Eduard Großkämper, Sprecher des Kreises Kleve, ahnte gestern Abend nichts Gutes: „Jetzt ist nicht mehr auszuschließen, dass auch weitere Betriebe im Kreis Kleve betroffen sind.“ Um kurz nach 18 Uhr teilte das Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium mit, dass ein Ferkelzuchtbetrieb aus dem Kreis Kleve vom Dioxin-Skandal betroffen ist. Der Kevelaerer Betrieb wurde mit sofortiger Wirkung gesperrt – es dürfen keine Tiere mehr den Hof verlassen.

Die Krise weitet sich aus

Die Sperrung ist eine Vorsichtsmaßnahme. Befunde zur Dioxinbelastung der Fettsäuren und der damit hergestellten Futtermittel liegen noch nicht vor. Heute Morgen wird das Kreisveterinäramt Futtermittelproben entnehmen und nach Münster in ein Speziallabor schicken. Mit Ergebnissen sei erst in fünf Tagen zu rechnen, so Großkämper.
Der Ferkelerzeuger hatte Futter von einem Betrieb aus dem Kreis Borken erhalten, der wiederum für seine Produktion Fettsäuren aus Schleswig-Holstein bezogen hatte. Dies geht aus der Aktensichtung des Umweltministeriums hervor. Heute werden Vertreter des Ministeriums und des Kreises Kleve über die Lage beraten.
Die Krise weitet sich deutlich aus. Denn jetzt stehen nicht nur Hühnermastbetriebe im Visier der Veterinäre. Im benachbarten Kreis Borken wurden 38 schweinehaltende Betriebe gesperrt.
Was die Legehennenmast angeht, gab Kreissprecher Großkämper bis gestern Abend Entwarnung: Es gebe keine Informationen, dass verseuchtes Mischfutter in den Kreis Kleve gelangt sei. Das Veterinäramt überprüfe die Mastbetriebe in regelmäßigen Abständen. Im Kreis Kleve gibt es elf Betriebe mit über 1000 Legehennen.

Bio-Produkte besser kontrolliert

Die Verunsicherung in der Branche ist groß. Godehard Schnütgen, ein Biolandwirt aus Kranenburg, zählt mit 1200 Hühnern zu den kleineren Betrieben im Kreis Kleve. Für ihn stellt sich ob der Skandale die Systemfrage: „Das ist eine Frage der Organisation. Bei großindustriellen Strukturen kann man schlechter kon-trollieren.“ Sein Rat: „Bleibt doch lieber bei der bäuerlichen Landwirtschaft. Und gebt zur Not zwei Cent mehr für ein Ei aus.“
Schnütgen erklärt, dass er für sein Bioland-Siegel 50 Prozent der Futtermittel selbst anbauen muss und 50 Prozent hinzukaufen kann. Dieses Futter (Getreide, Mais, Sonnenblumenpresskuchen, Sojaschrot) wird ausschließlich über Bioland zertifizierte Futtermühlen zugeführt, die wiederum genauso stark kontrolliert werden, so Schnütgen.
Er ist sich sicher: „Wenn man beim Ei sicher sein möchte, kauft man ein Bio-Produkt.“ Industrielle Fette, wie sie jetzt ins Futtermittel gekommen sind, haben in der Lieferantenkette von Bioland nichts verloren: „Und zudem werden wir am strengsten kontrolliert“, sagt Schnütgen.
Quelle: NRZ om 04.01.2011, Andreas Gebbing (Printversion 05.01.2010)

Hintergrund

NRW sperrt weitere Höfe wegen des Verdachts auf Dioxin-Belastungen
Von 2 Mischfutterhersteller belieferte Betriebe werden vorsorglich gesperrt – Proben entnommen – Informationen an Niedersachen weitergeleitet
Nach einer Schnellmeldung des Landes Schleswig-Holstein hat das NRW-Verbraucherministerium weitere Höfe wegen des Verdachts der Dioxin-Belastung in Futtermitteln angeordnet. 139 landwirtschafliche Betriebe, die von zwei Mischfutterhersteller mit möglicherweise dioxinbelastetes Futter beliefert wurden, wurden vorsorglich gesperrt.

Konkret betroffen sind folgende Kreise:
·    38 Schweinehalter im Kreis Borken
·    1 Tierhalter im Kreis Kleve
·    81 Schweinehalter im Kreis Minden-Lübbecke
·    13 Milchviehbetriebe im Kreis Minden-Lübbecke
·    5 Rindermastbetriebe im Kreis Minden-Lübbecke

Informationen über 29 Tierhalter in Niedersachsen, die von Mischfutterhersteller aus NRW mit möglicherweise Dioxin belasteten Futtermittel beliefert wurden, wurden an die zuständigen Behörden in Hannover übermittelt .

Noch in den Mischfutterunternehmen vorhandene Chargen, die mit den betroffenen Fettsäuren hergestellt wurden, sind bereits gestern gesperrt worden. Proben der Futtermittel wurden genommen und sind heute im CVUA-MEL eingegangen. Die Ergebnisse werden für morgen Abend bzw. Donnerstagmorgen erwartet.

Produkte von diesen landwirtschaftlichen Betrieben, die bereits in den Handel gegangen sind, werden zurückverfolgt, und, sofern noch vorhanden, aus dem Handel genommen.
Quelle. Umweltministerium NRW 04.01.2010  http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/presse/presse_aktuell/presse110104a.ph

Verbraucher umfassend informieren

Die Grünen meinen:
Auch wenn das Bundesinstitut für Risikobewertung die aktuellen Dioxinbelastungen nicht für akut gesundheitsgefährdend hält, ist die wiederholte Belastung der Gesundheit der Verbraucher über die Quelle tierischer Produkte mit Dioxinen absolut nicht zu akzeptieren. Wir fordern, dass Produkte und Hersteller, die vom aktuellen Dioxinskandal betroffen sind, sofort bekanntgegeben und die Ware aus den Regalen genommen wird.

Haften müssen die Verursacher, nicht die Verbraucher. Zu prüfen ist darum, ob die heutigen Regelungen ausreichen, um Unternehmen, die Dioxine in die Lebensmittelkette einbringen, umfassend zur Verantwortung zu ziehen. Sie müssen vollumfänglich für den verursachten Schaden haften und darüber hinaus streng bestraft werden.

Der Dioxin-Skandal führt uns einmal mehr vor Augen: Eine Lebensmittelerzeugung, die nur auf eine Kostenoptimierung ausgerichtet ist und darum wie im aktuellen Fall Reststoffe aus der Biodieselproduktion zur Tierfütterung einsetzt, wird dauerhaft keine sicheren, qualitätsvollen Lebensmittel herstellen können.
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