Europa aus Schülersicht

Rund 200 Schüler der Beruflichen Gymnasien des Berufskollegs Kleve diskutierten mit Politikern über ein gemeinsames Europa, den Klimawandel und die Sicherheit in Europa. Für viele ist die Europa-Wahl im Mai die erste Gelegenheit, wählen zu gehen.

 Foto: Vlnr: Jan Ovelgönne, Stefan Rouenhoff MdB, Prof. Dr. Hasan Alkas, Prof. Ralf Klapdor, Sebastian Schulze

Warum brauchen wir ein gemeinsames Europa? Wie kann gleichzeitig Sicherheit und Freiheit ermöglicht werden? Was tun Parteien dafür, die Jugend in Europa zu repräsentieren? Auf diese Fragen haben die Schüler des Berufskollegs Kleve jetzt Antworten eingefordert – während einer Podiumsdiskussion mit Politikern. „Hier können wir unsere Fragen stellen und uns einen Eindruck zu verschaffen – menschlich wie inhaltlich“, sagt eine Schülerin der Jahrgangsstufe 12, die am 26. Mai zum ersten Mal wählen gehen wird. Dessen ist sie sich nach der Diskussion sicher. „Es ist wichtig, seine Stimme abzugeben, auch wenn es ein Kompromiss ist.“ Die Podiumsdiskussion ist von Schülern der Beruflichen Gymnasien im Unterricht genaustens vorbereitet worden: Jeder Politiker bekam für jede Frage zwei Minuten Zeit zu antworten. So waren die Redeanteile fair verteilt und die Schüler konnten Stefan Rouenhoff (CDU), Prof. Dr. Hasan Alkas (SPD), Prof. Ralf Klapdor (FDP), Jan Övelgönne (Bündnis 90/Die Grünen) und Sebastian Schulze (AfD) viele Fragen stellen.

Immer wieder ging es in der Diskussion um den Klimaschutz. Jan Övelgönne von den Grünen mahnte bereits in seinem Eingangsstatement: „Wir haben noch etwa 11 Jahre Zeit, den Schalter umzulegen. Das bedeutet, die nächste Wahlperiode der EU ist entscheidend. Ich möchte euch daher ermutigen, für einen starken Klimaschutz in Europa zu stimmen.“ Die Vertreter von Grünen, SPD, CDU und FDP waren sich einig, dass man den Klimaschutz auf europäischer und internationaler Ebene angehen müsse – mit Anreizstrukturen, Elektromobilität und erneuerbaren Energien. Rouenhoff gab allerdings zu bedenken: „Woher soll die Energie kommen, wenn die Sonne nicht scheint und gerade kein Wind da ist? Wenn wir national aus der Braunkohle ausscheiden und dann Kohle aus Osteuropa importieren, ist niemandem geholfen. Wir müssen erst Speicherkapazitäten schaffen, um den Klimaschutz effektiv zu betreiben.“ Sebastian Schulze von der AFD grenzte sich von den anderen Parteien deutlich ab: „Die „Fridays for Future“-Demonstrationen grenzen an Klimahysterie. Die Müllverbrennung in Deutschland ist perfekt. Mein Müll landet nicht im Meer. Es wäre besser, wir würden für Frieden auf die Straße gehen.“

Das zweite große Thema betraf das Spannungsverhältnis Freiheit und Sicherheit. Hier ging es um die Datenschutzverordnung, aber auch um Kriminalität und eine europäische Armee. Ralf Klapdor (FDP) erzählte von einer seiner ausländischen Studentinnen, die ohne erkennbaren Grund regelmäßig am Klever Bahnhof von der Polizei kontrolliert werde: „Wir dürfen unsere Gastfreundschaft nicht mit Füßen treten. Mehr polizeiliche Maßnahmen gegen nicht-europäische Bürger sind pauschal nicht gerechtfertigt. Es geht um eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.“ Dabei könne auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf EU-Ebene helfen. Das sah auch Hasan Alkas (SPD) ähnlich: „Wir haben keinen Ansprechpartner in Europa; keinen gemeinsamen Sitz in der UN. Wir müssen unsere Kräfte in Europa vereinen, sodass Europa mehr als die Summe der Länder ist.“

Nach anderthalb Stunden waren nicht alle Fragen der Schüler beantwortet, die Politiker begeistert vom Interesse der Schüler an politischen Themen. Auch Schulleiter Peter Wolters zog ein positives Fazit: „In einer Phase, in der das Miteinander der EU-Länder belastet ist, ist es wichtig, den Wert einer europäischen Gemeinschaft hervorzuheben.“ Gerade ein direkter Dialog sei da hilfreich: „So findet ein echter Austausch statt; die Schülerinnen und Schüler können ihre Fragen stellen, und nicht nur Antworten im Fernsehen hören. Es ist großartig, dass sich die Politiker dafür Zeit genommen haben.“

Text von Natascha Verbücheln, Berufskolleg Kleve

Foto: Hermann Brendieck